Zum Thema Süße
Zum Thema Erschauern
Rudolf Otto,
Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, München 2014, € 14,95
Gibt es neben zu kaufen.
Früher -in der DDR- haben die Erdbeeren besser geschmeckt und die Bäckerläden waren herrlich, sonst war nichts gut
Zum Thema Süße
Zum Thema Erschauern
Rudolf Otto,
Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, München 2014, € 14,95
Gibt es neben zu kaufen.
Ich komme nur mit Grässlichem in Berührung:
Freu ich mich, wenn Linder kommt
oder
Wie erzähle ich, dass es schön ist, eine Wahl zu haben
Stell Dir vor Du könntest zwischen Nancy, Boris und Tarek wählen.
Nicht Nancy gebürtig in Bad Soden, aufgewachsen in Schwalbach,
nicht Boris geboren und aufgewachsen in Frankfurt und
nicht Tarek, geboren in Offenbach, aufgewachsen in Sanaa und Frankfurt.
Ich meine Nancy Reagan, Boris Jelzin und das Volkswagen-Model Tarek.
Früher hieß Nancy Boris. Die Betonfrisur blieb. 1991 steht anstatt Nancy/Boris Norris auf einen übergelaufenen Volkswagen Tarek und verkündet,
https://www.nzz.ch/international/europa/jahrestag-des-putschs-gegen-gorbatschow-historische-momente-im-moskauer-august-ld.111227
dass der Putsch der alten Tiere nicht akzeptiert wird. Vielmehr wird es nun endgültig Zeit, die alten Nmerze wegzufegen.
Ich war (mein Geburtsdatum bei Wikipedia stimmt nicht) der Typ ganz rechts. Der повар war auch dabei. Nur sieht man ihn nicht. Der kam gerade aus dem Gefängnis raus und hatte in St. Petersburg ein Restaurant. Später kochte er ganz andere Suppen. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie vor dem Volkswagen eine junge Frau mit Roter Fahne und dem Kommunistischen Manifest stand. Ihren Namen habe ich vergessen. Es war irgendwas, mit S, wie Sandra. Sie rief die ganze Zeit auf russisch den Satz „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit“. Dabei verwechselte sie die Urheberschaft. Sie nannte beständig Hegel und nicht Friedrich Engels. Ich verstand nicht, wen sie damit ansprechen wollte. Die Umherstehenden verstanden sie ebenso wenig, weil es im russischen kein H gibt und aus Hegel beispielsweise R..egel wird. Sie nervte und nervte und wenn sie nicht immer noch weiter genervt hat, dann nervt sie noch heute. Ihr Bruder hat so einen Trotzki-Bart und ist irgendwo Sport-Trainer. Habe vergessen wo.
Wenn ich mich also an diese alten Zeiten erinnere und hätte heute die Wahl zwischen Boris, der Frau des 40. Präsidenten der Vereinigten Staaten, Schwalbach, einem neuen Volkswagen Model -bitte elektrisch-, einem alten Volkswagenmodel mit Namen Norris -mit viel Benzin-, der Nervtante vor dem Volkswagen und noch Lindner obendrauf, wählte ich das Schunkeln zum Polizeichor im Waldstadion vor Anpfiff des Heimspiels gegen Heidenheim am Sonntag. Mehr anheimelnde Bierseligkeit demokratisch legitimiert kann es in einer neoliberalen Gesellschaft nicht geben: Mitschunkeln ist die Einsicht in die Notwendigkeit.
Auf jeden Fall am Sonntag vor dem Spiel wählen gehen!
Ich komme nur mit Grässlichem in Berührung:
Made in der DDR
03.10.1990: Tag der Deutschen Einheit
09.10.1989: Montagsdemo in Leipzig, wo es auf der Kippe stand
Als Stück Leben, im Licht des real existierenden Sozialismus dem Kapitalismus den Kampf anzusagen, kam ich zur Welt. Denn im Sozialismus musste niemand getauft werden.
Niemand kam als unbeflecktes ideologiefreies Stück Leben zur Welt und hätte vom Marxismus/Leninismus
in Form beispielsweise…
des einfühlsamen Deutschlehrers, Herrn Mattuschka, der gegen die Regel bei uns Elft-Klässlern, den Eigensinn als positiv benotete, dem ekligen Schwimmlehrer Herrn Pionteck im Keller der Schule mit Stange im kalten tiefen Wasser,
dem eigenen Vater als Диспетчер der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft Immergrün,
oder der einsamen Bäckersfrau Hachmeister im Leipziger Osten, die ihre gesamte Ladenrückwand von ihrem „Freund“, -war bald ihr Ex – ist in’ Westen, bemalen ließ samt Nackedei und das bei einem Bäcker
…missioniert, getauft, erklärt, gedreht, gekauft unter Druck gesetzt werden, werden müssen.
Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Nicht Deutschlandfunk. Nicht Abba. Nicht Hermann Hesse. Nicht Pittiplatsch.
Vielmehr erklärte tagtäglich die Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ des DDR-Fernsehens uns,
warum! wir! glücklich sind! in der DDR! zu leben!.
Klar, ab und zu die einkasernierten Russen samt Familien zu treffen, war mehr Folklore als Solidaritätsbekundung. Deren Sprache war mehr Halskrankheit als empfundener Bruderkuss. Die Offiziersfrauen erkannte man schon von weitem an ihren Riesenbrillen und den ängstlichen Blicken der jungen Rekruten, die ihre Taschen trugen. Waren alle von hinterm Ural. Saufen ging dann auch nicht mehr. Gab zu viel Ärger. Manches hat also genervt, aber insgesamt hat der Sozialismus recht, weil er wahr ist. Er ist wissenschaftlich bewiesen. Kannst du auch studieren, aber so die Grundkenntnisse weiß man einfach.
Deshalb stand ich letzte Woche am Montag und stehe heute am Montag, den 09.10.1989, ab 17.00 Uhr in Leipzig, Innenstadt, Diettrichring, – werdet ihr nicht kennen, weil ihr nie dort gewesen seid. Natürlich nicht in Uniform. Ich „schütze unsre Heimat“ vor diesen Disziplin-Verweigerern und nicht „in die DDR vernarrten“ Idioten. Nein, es sind keine Idioten, wie die Salonbolschewisten damals vor 100 Jahren, die alles nachplappern, nach dem dritten Schnaps die Revolution ausrufen und nach dem sechsten auf dem Klo schlafen, aber im Ernstfall sich davonschleichen. Sind alles Staatsfeinde, die alles madig machen, was seit 1949 aufgebaut wurde.
Die Made muss weg!
Zwei Jahre später sitzt einer dieser kleinen grässlichen Ost-Maden irgendwo im Zug im oder gen Westen. Brille und weißes Hemd im Schnitt der Zeit. Der feine Herr! Sechs Jahre vor der Vowi, war Berufsmusiker in LA sein frommer Wunsch, längst nicht mehr das Ziel. Er professionalisierte seine anderen Hobbys, indem er dies und das anfing zu studieren.
Laber Rhabarber jetzt im Land der Maden-Sieger.
In meinem Geburtsort, am Rande der Leipziger Tieflandsbucht, dessen Farben Blau-Gelb sind, im Gegensatz zum Weiß-Grün als Farben der politisch kulturellen Region, verweilte ich die Tage.
Ist schon schön da, anders -sehr anders- als beispielsweise in Frankfurt, und nach all den Jahren so ganz anders ohne mich geworden, als ich dort aufspielte und mich ganz bewusst auswechseln lassen wollte und als es nicht passierte, ich es auf eigene Faust tat.
In der Summe dort tauchen viele Quersummen auf. Und manche haben sich obendrauf noch verrechnet oder ihnen wurde, wie es mein Lehrer im Unterrichtsfach Werken vermutete, „Dummbulver in‘ Gaffee getan!“
Heute gibt es u.a. Bohnen von meiner Schwester am Kanal (ähnelt der Nidda), wo wir damals „naackisch drinne warn“.
DDR-Fibel
1981
Blauer Planet (Ulrich Swillms / Norbert Kaiser)
Tanzt unsere Welt mit sich selbst schon im Fieber?
Liegt unser Glück nur im Spiel der Neutronen?
Wird dieser Kuss und das Wort, das ich dir gestern gab
Schon das Letzte sein?
Wird nur noch Staub und Gestein ausgebrannt alle Zeit
Auf der Erde sein?
Uns hilft kein Gott, unsere Welt zu erhalten
Fliegt morgen früh um halb drei nur ein Fluch und ein Schrei
Durch die Finsternis?
Muss dieser Kuss und das Wort, was ich dir gestern gab
Schon das Letzte sein?
Soll unser Kind, das die Welt noch nicht kennt
Alle Zeit ungeboren sein?
Uns hilft kein Gott unsere Welt zu erhalten
1981,
Schweizer TV, Interview, Karat, Blauer Planet
damaliger Chef-Organisator und Bassist der Band unterwegs als Künstler für den Frieden
1984,
Fernsehen der DDR, Ein Kessel Bundes, Karat, Blauer Planet
sehr beliebte DDR-Unterhaltungssendung, populär, wie „Wetten das“
1984,
Berlin (DDR), Nationales Jugendfestival zum 35. DDR-Geburtstag
Besser hätte ich es nicht finden können. Karat spielt Playback vor ausgesuchter Kulisse im FDJ-Hemd, die Lautstärke bei Lied-Einsatz wird höher gedreht. Die Jubel-DDR-(Preußen)-Jugendlichen machen nicht immer mit. Ist halt langweilig den ganzen Tag im Regen bei Scheißmusik.
2012,
vowi.net
Kuschelig nach irgendwem irgendwo irgendwann
ähnliches Thema
2014,
Mein Mauerfall, „Keiner konnte fassen, was da passiert“, Christian Liebig
2015,
live, Karat, Blauer Planet
2021,
Über sieben Brücken – ein DDR-Hit geht um die Welt, MDR KULTUR – Feature
2021,
MDR-Podcast, Eliten in der DDR,
Gisela Steineckert: „So viele begabte Leute sind abgehauen“
sehr informativ und Gisela Steineckert ist immer noch rechthaberisch, arrogant und einfach ein A…
Genau solche, keinesfalls dummen Funktionäre haben beinah eine halbe Generation von DDR-Sozialisierten, so schikaniert und fertig gemacht, dass wir dieses Land verlassen und damit nichts mehr zu tun haben wollten. Und die blöde Kuh hat kein Gramm Gewissensbisse oder gar Scham.
2022,
70. GEBURTSTAG, Wie Karat-Gitarrero Bernd Römer in Erfurt die Musik entdeckte
2022,
FAZ, 24.02.2022, POP-ANTHOLOGIE (137), Ein Friedenslied, KEVIN HANSCHKE
sehr schlechter Artikel mit Fehlern und nicht stimmigen Folgerungen und Fehlinterpretationen
2022,
MDR, Meine Heimat, Ein Hit und seine Geschichte: KARAT „Der blaue Planet“
Wir haben mit Claudius Dreilich über den Song gesprochen.
2022,
#friedensnoten 11 – Der blaue Planet von Karat
2023,
Hennig Protzmann-Interview
Bücher:
2007,
Thomas Klein,»Frieden und Gerechtigkeit!«: Die Politisierung der Unabhängigen Friedensbewegung in Ost-Berlin während der 80er Jahre, (Zeithistorische Studien, Band 38)
„Setzen Sie sich!
Sie wissen, warum Sie hier sind?
Meine alte Klassenlehrerin aus der Grundschule, meine jetzige Klassenlehrerin und der Direktor meiner Oberschule, sowie eine mir unbekannte Person erwarteten mich im Direktorenzimmer.
„Ihre negative und zunehmend feindliche Haltung gegenüber der DDR drückt sich ja nicht nur in ihrem Äußern aus.
Ich frage Sie ganz direkt.
Wie stehen Sie zu unserem sozialistischen Staat?
Muss ich Ihre Abneigung, den Dreijährigen Ehrendienst bei der Nationalen Volksarmee im Zusammenhang mit kirchlich pazifistischen Aktionen, der mittlerweile verbotenen Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ betrachten?
Sie kennen doch das Gedicht von Wilhelm Busch ‚Bewaffneter Friede‘?
In diesen Zeiten, wo der Westen massivst aufrüstet und sich in der BRD Hundert Tausende entgegenstellen, um wie im Herbst vorletzten Jahres in Bonn dagegen zu demonstrieren, negieren sie die Funktion und die Bedeutung des Ehrendienstes in der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik.
Sie wollen als Schüler der Erweiterten Oberschule Karl Marx eines Tages studieren, um danach in unserem Land in einer leitenden Funkion wirken.
Mit dieser Einstellung schaden sie nicht nur dem Friedenswillen unseres Staates, sie schaden sich und helfen den Kriegstreibern im Westen.
Gehen Sie in sich! Überlege Sie sich, was Sie tun! Überlegen Sie, was für Konsequenzen Ihr Auftreten hat.
Sie wissen, dass ihre Oma, die in leitender Funktion an der Universität dieser Stadt arbeitet, ihre politischen Äußerungen nicht gut heißt.
Sie schaden ihr.
Sie gebrauchen Ausdrücke, die nichts mit der Wissenschaft des Marxismus-Leninismus zu tun haben.
Wenn Sie die Ansprache hier als Warnung verstehen und sich selbst hinterfragen, um selbstkritisch ihren falschen Standpunkt dialektisch zu betrachten, dann wären Ihnen sehr geholfen.
Ich rede hier nicht, dass sie sich für Drei Jahre zur Nationalen Volksarmee verpflichten.
Ich meine hier ihre Ablehnung der Gesellschaft für Sport und Technik, wo sie eine Art vormilitärische Ausbildung erhalten, aber genauso den Umgang mit Disziplin und Gehorsam erlernen. Den Führerschein gibt es obendrauf.
Ich meine ebenso ihre individuellen Einstellungen, die nicht zur Lebenseinstellung eines jungen Menschen in der DDR passen. Keiner ihrer Klassenkameraden unterstützt Sie. Sie sind allein.
Viele der wohl sicher von ihnen gehörten Unterhaltungskünstler im Westen wenden sich in ihren Liedern gegen diese schrecklichen Waffen.
Und nun droht der amerikanische Präsident mit der Neutronenbombe.
Und Sie finden, dass sie mit pazifistischen Aussagen einer solchen Drohung, ich spreche hier von der Gefahr des Dritten Weltkrieges, ernsthaft entgegentreten. Nicht die Bruderländer des Warschauer Vertrages haben das Wettrüsten losgetreten.
Ganz allein die Nato und der Ex-Kanzler Schmidt.
Für diesen sind ja wir – die Kommunisten – nach wie vor der schlimmste Feind. Als ob es den Hitlerfaschismus nicht gegeben hätte. Aber gut, das kennen wir ja seit der USPD. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ und natürlich die jetzige Bonner Regierung, wo Revanchismus und Finanzkapitalismus Hand in Hand mit den multinationalen Rüstungskonzernen gehen.
Bundeskanzler Kohl wird ja auch in einem Mercedes durch Westdeutschland chauffiert. Diesem bundesdeutschen Vorzeige-Konzern, der unter der Leitung natürlich eines Sozialdemokraten neben einem Auto, indem schon Adolf Hitler gefahren wurde, auch alle möglichen Rüstungsgüter hergestellt werden. Von nichts kommt nichts. Wie abgrundtief ist die Dekadenz des Westens.
Und dies finden Sie gut?
Der Kampf der Arbeiterklasse und ihrer verbündeten Schichten unter der Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland gegen diesen ausbeuterischen Kapitalismus, gegen seine Dekadenz und gegen seine blutigen Kriege in Asien, Afrika und Latein- und Südamerika wollen sie hinterfragen?
Der amerikanische Präsident, dieser zweitklassige Western-Schauspieler, kann nur daran gehindert werden, den roten Knopf zu drücken, wenn wir stark genug gerüstet sind. Demonstrationen gegen die Aufrüstung, wie in Bonn und in ganz Westeuropa, werden noch geduldet. Bis da die Panzer rollen, ist nur eine Frage der Zeit.
Und Sie sind sich nicht im klaren, dass Sie mit ihren dahingesagten Parolen nicht nur den Weltfrieden gefährden, sondern unseren opferreichen Kampf 1933-45 als sinnlos erscheinen lassen.
Sie müssen sich entscheiden:
Sind Sie für oder gegen diesen Staat?“
Die Willkür und zum Schluss das ohnmächtige Treten der „DDR-Organe“ nach allem, was sich nicht in ihren Augen loyal verhielt, machte aus dem Beobachten eines Mauerseglers einen staatsfeindlichen Akt. Ein Mauersegler fliegt über Mauern. Für jeden DDR-Bürger war die Mauer in Berlin und an der Grenze zur BRD unüberwindbar. Selbst eine Reise in die sozialistischen Bruderländer nach Osteuropa war ein bürokratische Akt und nicht per se möglich.
Wörter, wie „Fliegen“, „Mauer“ oder „Flucht“, Bezüge zu wirtschaftlichen Engpässen, Stichwort „Banane“ oder „Badezimmer-Fliesen“ wurden von der Zensur gestrichen oder mussten geändert werden. Oder, im Lauf der Zeit, funktionierte die Selbstzensur der Autoren. Man wusste, was geht und was nicht. Abhängig vom politischen Kurs der DDR und abhängig von den jeweiligen Funktionären.
So entstand eine eigene Sprache in Texten und im Reden miteinander. Texte, beispielsweise in der DDR-Popmusik, formulierten, um den heißen Brei herum und waberten in Plattitüden. Ironie, als Tendenz den Texten eine Mehrdeutigkeit zu geben, war schwer und gefährlich.
Hier ein typisches Beispiel der Band „Karussell“ aus dem Jahre 1987. Die Autorin heißt Gisela Steineckert, die sich bis heute zu DDR bekennt.
Nach meiner Lesart ist der Text frei von jeder Ironie, vielmehr verkörpert er eine Art „DDR-Kuschligkeit“.
Als ich fortging war die Straße steil,
kehr wieder um.
Nimm an ihrem Kummer teil,
mach sie heil.
Als ich fortging war der Asphalt heiß,
kehr wieder um.
Red ihr aus um jeden Preis,
was sie weiß.
Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein.
Ich weiß du willst unendlich sein,
schwach und klein.
Feuer brennt nieder, wenn keiner es nährt.
Kenn ja selber, was dir heut widerfährt.
….
Das schreckliche Lied vom „Blauen Planet“ reiht sich brav in diesen Kontext ein. Es ist voller Bezüge und Muster, wie man sich bei den Kulturfunktionären zu Beginn der 80er ein Leben in der DDR vorstellte. Die allgemeine ideologische Linie wird ins Private gespiegelt, verpackt mit populären Begriffen (Blauer Planet) und Themen (Angst vor 3. Weltkrieg). Die Musik massentauglich, eingängig, nicht wirklich neu, aber keinesfalls alt, war schließlich der Überbringer der guten Nachricht vom Kampf für Frieden und Sozialismus.
Blauer Planet
= erster Kosmonaut Juri Gagarin beschreibt seinen Blick vom Raumschiff auf Erde
„Ich sehe die Erde! Ich sehe die Wolken, es ist bewundernswert, was für eine Schönheit!“
Aussage war in der DDR gegenwärtig und gewürzt mit Technikbegeisterung (Fortschritt) ohne zu hinterfragen
= Blauer Planet ist positiv besetzt, wie Farbe Blau (FDJ-Hemd, Meer, Himmel)
Tanzt unsere Welt
= unsere Welt, geteilt in zwei Gesellschaftssysteme, Westen, der böse ist und alles tut, um unser Gesellschaftssystem, den Sozialismus, der gut, richtig und wissenschaftlich begründet ist, zu zerstören
mit sich selbst schon im Fieber?
= unsere gesamte Welt, könnte, wenn sie, eigentlich der Westen, so weitermacht, so krank werden, dass sie nicht bemerkt, dass sie sich selbst vernichtet
Liegt unser Glück nur im Spiel der Neutronen?
(ursprünglich anstatt Neutronen Dämonen, von der DDR Zensur geändert, nach 1989 alte Version)
= Dämonen lässt Mehrdeutigkeit zu, wobei das gesamte Lied Zustand der Bedrohung und Angst beschreibt (irrational), welcher nicht durch Irrationalität verhindert werden kann.
= Neutronenbombe, eine Erfindung des Westens, des so lächerlichen Schauspielers als Präsident Ronald Reagens
Wird dieser Kuss und das Wort, das ich dir gestern gab
= Rückgriff auf erste Strophe: erst der Tanz, dann der Kuss und schließlich das jJa-Wort
Schon das Letzte sein?
= Schmusi-Ansprache für junge Leute, hochtrabend getextet, wiederum sind Endzeitszenarios (Angst vor Drittem Weltkrieg) damals in DDR gegenwärtig, gepaart mit der geteilten DDR-Welt in privat und öffentlich
Wird nur noch Staub und Gestein ausgebrannt alle Zeit
Auf der Erde sein?
= Beschreibung, wieder etwas hochtrabend, eines Szenario nach einem Atomkrieg
= populärer Verweis auf DDR-Science-Fiktion-Film „Staub der Sterne“, 1976“
Uns hilft kein Gott, unsere Welt zu erhalten
= Verweis auf „sinnlose“ Aktionen der oppositionellen, zumeist kirchlichen Friedensbewegung in der DDR („Schwerter zu Pflugscharen“)
Fliegt morgen früh um halb drei nur ein Fluch und ein Schrei
Durch die Finsternis?
Muss dieser Kuss und das Wort, was ich dir gestern gab,
Schon das Letzte sein?
Soll unser Kind, das die Welt noch nicht kennt,
Alle Zeit ungeboren sein?
= in der DDR wurde im Vergleich zum Westen in wesentlich jüngeren Jahren Kinder bekommen, was Staat unterstütze, ist also reale Beschreibung eines jungen Paares mit gerade 19 oder 20 Jahren, die ein Kind bekommen und stellt zusammenfassend das vermeintliche sozialistische Glück einer jungen Beziehung, ausgedrückt durch Tanz-Kuss-Wort als scheinbar dar, weil die Bedrohung nachts, wenn alles schläft, unaufhaltsam kommen könnte, wenn man nichts dagegen tut
Uns hilft kein Gott unsere Welt zu erhalten
= und weil es dem Texter, der brav dem DDR-Tenor folgt, wichtig erscheint, wird zum zweiten Mal betont, dass es zu dieser Bedrohung keine Alternative gibt, viel mehr gilt es, das junge Glück auf der DDR-Erde zu beschützen, indem man gegen die Aufrüstung (des Westens) auftritt
Wie vermengt man | das sogenannte Private | im Sozialismus zum | Kampf für den Frieden? |
Welt/Blauer Planet/ Praxis gewordene Theorie der Welterklärung | tanzt | im | Fortschritt zum Kommunismus |
Fieber (Dämonen/Neutronen=Kapitalismus) | unterbricht | Tanz | |
Glück | Ist erfahrbar/erkämpfbar/unaufhaltsam als Sozialismus | und kein | Spiel |
(Falsch)-Spiel mit vollen Einsatz | verbrennt | Tanz, Kuss und Wort | zu Staub und Gestein |
Was tun? | |||
Gott als Alternative | hilft | nicht | verursacht Gegenteil |
Nachts in der Finsternis | anstatt | zu zweit | kommt die Gefahr/Dämonen/Neutronen |
Gefahr als Fluch des Kapitalismus | als alles | verschlingende Moloch | der vor nichts zurückschreckt |
Was also hilft | Dem Ungeborenen nach dem Ja-Wort | zu | schützen |
Gott als Alternative | hilft | nicht | verursacht Gegenteil |
Ausweg | ist Kampf | für DEN FRIEDEN | gegen die VERURSACHER |
ist Kampf | damit für DEN SOZIALISMUS | gegen den KAPITALISMUS |
Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte
(Geflügeltes Wort von Max Liebermann)
Anfang der 80er war ich, sehr jung, bei einer „Fete“ in Weimar. Ich kann mich nur an eine Szene von damals erinnern. Ich musste mal, ging’s auf’s Klo und über dem Pissoir stand mit gespreizten Beinen jemand, um zu pinkeln. Ich brauchte etwas bis ich verstand, warum da jemand so pinkelte. Es war eine, in meiner damaligen Sprache ausgedrückt, „Punkerin“.
Ganz sicher haben wir in Weimar Musik gehört. Vielleicht spielten Bands. Ganz sicher hörten wir nicht die Musik der etablierten, von Staats wegen protegierten DDR-Bands. Und über eine dieser Bands gleich mehr.
Wir waren in unterschiedlichen Art und Weisen nicht konform mit den Vorstellungen der DDR-Oberen. Wir sahen anders aus. Wir hörten andere Musik. Wir lasen die alten Bücher anders und verbotene dazu. Wir benahmen uns anders. Und schließlich hatten wir andere Meinungen von Geschichte, Gegenwart und Zukunft der DDR. Und letztendlich, weil wir, in einer Nische lebend, dennoch immer mit dem Staat uns auseinander setzten mussten, weil er uns, wenn schon nicht „raus“, nicht wenigstens „in Ruhe“ ließ, dachten und redeten wir unablässig, wir wir es und ob wir es hier aushalten könnten, ohne uns aufzugeben. Unsere eigene Sprache, die sich aus der Zeit, unserem Alter und der besonderen Situation des Lebens in der DDR gebildet hatte, klingt heute sehr fern. Wohl für viele jüngere ähnlich fern, wie für mich, als ich meine Großmutter fragte, weil sie mir als Kind so alt erschien, ob sie ganz früher mal Urmensch gewesen sei. Dennoch Begriffe, wie „Zone“ für DDR, „Abhauen“ für Ausreise ohne Wiederkehr aus der DDR, „für oder gegen den Staat“ rauchen, je nachdem, wo das Wappen auf der Zigarette war, geben lakonisch, schnoddrig, dennoch klar unseren Alltag wieder.
Sie oder wir. Nicht wir stellten diese Aussage in den Raum. Vielmehr drängte man uns so lange, am liebsten in jungen Jahren, bis uns nichts mehr übrig blieb als zu sagen, alles andere muss besser sein als dieser Staat, dem faktisch jedes Mittel recht war, uns zu brechen. 1987 wurde in der DDR die Todesstrafe abgeschafft. 1981 wurde nicht weit von meiner Wohnung in Leipzig in der Justizvollzugsanstalt Leipzig in der Bernhard-Göring-Straße der letzte Mensch per Unerwartetem Nahschuss hingerichtet.
Es gab also jene und es gab uns.
Eine derjenigen war die Band „Karat“. Eigentlich ist eine Erwähnung dieser Band banal. Keiner von uns nahm ihre Lieder ernst. Weder ihre deutschen Texte noch ihre, dem populären Zeitgeist des Westens hinterherrennenden, meistens ein paar Jahre zu späten, musikalischen Versuche, sollten Bestand haben, dachten wir, denn leider war dem nicht so. Die Band existiert immer noch. Ihre Akteure sind teilweise über siebzig und da der Sänger verstarb, singt dessen Sohn.
Ein Liedchen, bis heute gerne gespielt, heißt „Blauer Planet“:
Blauer Planet
Autoren: Ulrich Swillms, Norbert Kaiser
Tanzt unsere Welt mit sich selbst schon im Fieber?
Liegt unser Glück nur im Spiel der Neutronen?
(ursprünglich anstatt Neutronen Dämonen, von der DDR Zensur geändert, nach 1989 alte Version)
Wird dieser Kuss und das Wort, das ich dir gestern gab
Schon das Letzte sein?
Wird nur noch Staub und Gestein ausgebrannt alle Zeit
Auf der Erde sein?
Uns hilft kein Gott, unsere Welt zu erhalten
Fliegt morgen früh um halb drei nur ein Fluch und ein Schrei
Durch die Finsternis?
Muss dieser Kuss und das Wort, was ich dir gestern gab
Schon das Letzte sein?
Soll unser Kind, das die Welt noch nicht kennt
Alle Zeit ungeboren sein?
Uns hilft kein Gott unsere Welt zu erhalten
Eingängig. Passend zu dem musikalischen Geist der Zeit. Ein sehr trockener, etwas dünner Grundbeat wird umspielt von einem Basssyntheziser. Hat Disco-Qualität, die zum Mitklatschen gut geeignet ist. Die Gitarre schafft einen Gegenpol, weil sie spielerisch und im Klang fremd wirkt. Der Schlagzeug-Break in der Mitte erinnert an Phil Collins „In the Air Tonight!“, Anfang 1981 erschienen.
Das Lied war ein Auftragswerk zu einem Konzert für den Weltfriedenstag am 1. September 1981 in der Hauptstadt der DDR Berlin.
Anfang der 80er herrschte zwischen Ost und West der Kalte Krieg. Der Westen, insbesondere die USA, versuchte unter ihrem konservativen Präsidenten Ronald Reagan den Osten tot zu rüsten. Mittels der gegenseitigen nuklearen Bedrohung drohte bei Ausbruch eine Katastrophe. Verunsicherung, Angst, Endzeitstimmung, Ausweglosigkeit, Perspektivlosigkeit waren keine Möglichkeiten einer Jugend, vielmehr waren sie ein weit verbreiterte Zustand. Wer wollte in dieser Welt leben oder gar Kinder in sie hineinsetzen. Durchaus vergleichbar mit heute. Auch heute schwebt die nukleare Bedrohung Russlands im Krieg gegen die Ukraine an alle, die mit Waffen der Ukraine helfen. Und heute schwebt die allgemeine Angst vor den Gefahren der Klimaveränderung über allen. Vor vierzig Jahren gab es die Warnungen ebenso, nur waren sie nicht allgemeiner Konsens wie heute.
Damals ging es um die SS-20-Raketen der Sowjetunion, welche die Hauptstädte des Westens innerhalb von Minuten zerstören würde.
Die Antwort des Westens war der Nato-Doppelbeschluss, und eine Art Superwaffe, die Neutronenbombe.
Der Osten versuchte mit allen Mitteln dagegenzuhalten und stellte sich als Friedensengel dar, u.a. mit dem Lied zu Picassos „kleiner weißen Friedenstaube“.
Kulturell wurde mit dem musikalischen Popzeitgeist des Westens an der Kulturfront in Ost und West Betrieb gemacht. Das Lied von Karat „Der blaue Planet“ ist ein Beispiel für verschiedenste, textlich ähnlich gelagerten Lieder der etablierten Popmusik in der DDR. Inhaltlich ist es immer das Gleiche. Schuld ist der Westen und alles könnte doch ganz einfach sein, wenn man den gesunden, allerdings nach DDR-Lesart Menschen-Verstand, anwenden würde. Ein bisschen DDR-Frieden kann doch nicht so schwer sein, denn für Frieden und gegen Krieg sind wir doch alle.
In besagten Lied soll die DDR-Kultur-Zensur in dem ursprünglichen Text eingegriffen haben. Der Vorwurf war, die Sprache sei zu unspezifisch. Das Böse, sprich der US-Imperialismus, musste noch erwähnt werden. Deshalb änderte man in der zweiten Zeile das Wort Dämonen in Neutronen um. Passte gut, den jeder fand die Versuche einer Neutronenbombe schlecht.
Dann gab es noch einen Bezug, was bei der Beschreibung der Erde vom Weltall aus, jeder DDR-Bürger verstand. Juri Gagarin, der erste Kosmonat beschrieb bei seinem ersten Versuch:
„Ich sehe die Erde! Ich sehe die Wolken, es ist bewundernswert, was für eine Schönheit!“
Der erste Verweis ist also die Schönheit des Planeten Erde, wie sie ein Sowjetmensch, der nicht an Gott glaubt, wirklich als erster Mensch gesehen hat. Und jetzt wird es gemein. Jeweils als eine Art Abschluss gib es einen verbalen Faustschlag gegen die Opposition im eigenen Land.
Und da hatte sich emotional nicht viel geändert zu Wilhelm Zwei, als er 1914 zum 1. Weltkrieg ausrief, nur noch Deutsche zu kennen, die natürlich für den Krieg sind. Wer dagegen ist, kann nur ein Verräter, ein Vaterlandsverräter sein. Und im Text bei Karat ist es nicht viel anders. Wer mit irgendwelchen der Bibel entnommenen Zitaten für den Frieden und für die Abrüstung in Ost und West wirbt, muss ein Irrer oder ein DDR (Vaterlands)-Verräter sein.
Zusammengefasst klaubt man ein paar Allgemeinplätze in einer Art lyrischen Sprache zusammen, die niemandem weh tut. Waffen sind immer blöde, vor allem, wenn sie auf einen selbst gerichtet sind. Man nimmt noch einen Querverweis, der in der DDR als bekannt vorausgesetzt werden kann, hinzu und grenzt sich klar vom Nichtstun (Beten oder Pazifismus) ab. Fertig ist die Friedenshymne. Tut nicht weh. Musikalisch einigermaßen auf Westniveau. Ist nicht zu dämlich und kann dazu noch Extrapunkte einfahren, indem man der Friedens-Konkurrenz im eigenen Land ans Bein pinkelt. Denn die DDR und ihre sozialistischen Bruderländer treten doch offensichtlich für den Weltfrieden ein. Sie wollen gar nicht sich am Rüstungswettlauf beteiligen. Werden vom Westen dazu gedrängt. Wer das Gegenteil behauptet, lügt, denn der Marxismus (gleichgesetzt mit DDR) ist allmächtig, weil er wahr ist.
Und nun nach all den Jahren, sehe ich Plakate dieser Band. Sie spielen tatsächlich im April in Offenbach.
Und ich sehe Leute ernsthaft mit der alten, so falschen, so hinterrotzigen DDR-Symbolik, der „kleinen weißen Friedenstaube“, ernsthaft für eine Ende des Krieges in der Ukraine demonstrieren.
Ich verstehe es nicht. Drehe mich angewidert weg und denke, ihr könnt mich mal. Ein Glück, dass ich nicht so geworden bin wie ihr.
Vielleicht sollte ich mich auf eines der Instrumente der Band im April festkleben, um zu erinnern, zu warnen und nicht zu vergessen. Mach ich brav nicht. Vielmehr erzähle ich es hier und ertrag es.
Und zum Pinkeln auf Männerpissoirs in der klassischen „Pullermann pullert im Stehen“ kann ich nur sagen, dass dort mehr übrig bleibt, als bei der klassischen „Pulli pullert im Sitzen/Hocken“ auf dem Klo.
Putze mit jahrzehntelanger Erfahrung.