Niko

20 Jahre voll mit Geschichten aus der Volkswirtschaft
Nr. 9: Niko

Ein Weizen vom Faß bitte: Liegt der Kicker irgendwo rum, Annabelle?

Natürlich mag ich den einen Gast mehr als den anderen. Natürlich fühle ich mich manchem, der seit Jahren in die Kneipe kommt, mehr verpflichtet, als dem Laufkunden.
Dennoch ist jeder Gast willkommen!

Niko, ein junger, großer, gutaussehender, sehr freundlicher junger Mann, kam eines Tages in die Kneipe. Er trank ein Weizen. Wir plauderten. Er schaute ab und zu rein, bald öfters und später regelmäßig.

Anfänglich bot die Kneipe ab 09.00 Uhr Frühstück und ab 12.00 Uhr Mittag an. Das Frühstück lief schlecht. Schnell beschränkten wir uns und machten später auf. Erst ab 11.00 Uhr, Jahre später ab 15.00 Uhr, dann ab 17.00 Uhr und heute ist wochentags ab 18.00 Uhr geöffnet
Der Mittagstisch war ein schwieriges Geschäft. Die Gäste kamen alle auf einmal, wollten schnell ihr Essen, um pünktlich wieder auf der Arbeit zu sein.

Die Universität war noch im gleichen Stadtteil. Anfang September 1998 fand dort der Historikertag statt. Und kurz nach 12.00 Uhr strömten 30 und mehr, zum Teil die Elite der Zunft, zur Tür der Kneipe. Alle wollten essen. Ich war alleine. Die volkswirtschaftliche Planwirtschaft – der Dienstplan – sah für die Mittagszeit nur eine Stelle vor, was normalerweise vollkommen langte. Es ist kein Problem, etwa 6 – 10 Portionen verschiedener Speisen auf einmal fertig zu machen. Das Essen war vorbereitet und musste nur serviert werden. Allerdings warteten weit mehr als 30 hungrige Gäste. Ich rannte wie ein Derwisch zwischen Küche und Gastraum und war nicht mehr Herr der Lage. Niko erkannte die Situation und fragte – damals kannten wir uns noch nicht all zu lange -, ob er helfen könnte. Ich überlegte kurz. Unsere Deckelsammlung über noch nicht bezahlte, aber bereits getrunkene Getränke, resultierte u.a. daher, dass wir zwischen Freundschaftsdienst, Hilfe bei Not und verabredeten Arbeitsleistungen nicht ordentlich unterschieden hatten. Bei Niko wiederum hatte ich keinen Zweifel. Ich war in Not. Er bemerkte es. Er bot Unterstützung. Ich nahm seine Hilfe dankbar an. Niko zapfte Biere, gab Wasser heraus, machte Kaffee und hatte alles im Griff. Ich konnte inzwischen die Essen zubereiten und zu den Tischen bringen. Nach einer Stunde war alles vorbei. Niko wollte nicht einmal ein Getränk für seine Hilfsbereitschaft aufs Haus bekommen. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit. Seitdem war und ist Niko, und ich spreche da nicht nur für mich, ein ganz besonderer Gast.

Die Fotos von Sven Bratulic gemacht, sind aus dem Jahre 2006. Die Eintracht spielte auswärts gegen den BVB und hat nicht verloren, so meine Erinnerung. Wer Niko ist, erkennt man. Oder?

Hatte ich jetzt drei oder vier? Ach. Eins geht noch!