Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst und das sieht so aus:

Vier junge Frauen stehen mittig im Hintergrund und schauen auf einen Mann im Anzug, der einen kleinen Hund ausführt. Alle befinden sich auf einer Art Platz. Drumherum sind Bäume und mehr moderne als alte Häuser.

oder

Züchtig, mit angewinkeltem Kopf schauen stehend vier junge Frauen in einer modernen Stadt auf einen kleinen Hund. Sie finden ihn niedlich und zeigen es uns von ganzem Herzen. Der Hund springt spielend an einem untersetzten freundlichen Mann hoch, der mit klarer Körpersprache uns entgegenkommt. Er verkörpert Kraft, Dynamik und Erfahrung. Der kleine Hund gibt ihm dabei etwas Leichtes, Unbeschwertes, Einfühlsames – Weibliches…

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Vier bieder und langweilig aussehende Frauen stehen in scheinbar stereotypen weiblichen Posen vor ihren zukünftigen Eigentumswohnungen im gentrifizierten Frankfurter Nordend. Als Alibi sind zwei Bäume zu sehen. Die Grünen, wegen mir, auch der Klimawandel oder der Hybrid, lassen grüßen.
Ein großer, dicker Mann kommt mit kraftvollen Schritten auf uns zu. Er trägt einen Anzug. Er ist also ein Endscheider und wird nicht im Rewe an der Kasse sitzen.
Das verbindende Glied zwischen den passiven Frauen und dem aktiven Mann ist ein kleiner Kläffer. Dieser kann mit dem großen, dicken, selbstbewußten Mann kaum Schritt halten. Deshalb bewegt er sich springend und tänzelnd an dem Mann hoch. Für die vier bieder und langweilig aussehenden Frauen verkörpert die Glatze und sein Körpergewicht Potenz und Lebensfreude. Er ist ihr Bärentöter, Beschützer und Eigentumswohnungskäufer.
Und wenn er sich so lieb um den kleinen Kläffer wie um ihre eigenen Kinder kümmert, dann muss er ja der zu Wählende sein.
Wir sehen auf dem Plakat also nicht Zeus, Hera, Athene, Aphrodite, Artemis und Cerberus.
Wir sehen vielmehr das wirkliche Leben von Bodo, Andrea, Angela, Anne, Agathe und Blitz.

Wahlplakat eines CDU-Kandidaten im Frankfurter Nordend 2018 zur Landtagswahl