Kategorie: Schönheit

L’art pour l’art – die Kunst um der Kunst willen

Destillation

Von Steve Galore, der angeblich in LA mit Samy Hager und Eddie Van Halen an dem neuen Van Halen-Album arbeiten soll, erhielt ich folgende Email:
Pussy Galore – die sagenhaften Könige des Glam-Rocks – zollen ihren zahlreichen Fans Tribut und haben nun beschlossen, dieses Mal ein richtiges Feuerwerk abzubrennen. Lange Rede kurzer Sinn:
Wir freuen uns deshalb, am Freitag, den 28. Mai 2004, ab 19:20 Uhr das sagenhafte Darmstädter Schloßgrabenfest für Euch zu rocken!
Alle weiteren Infos zum Gig, zum Ohnmachts-Contest und zu wurftauglicher Damenwäsche wie immer unter:
www.pussy-galore-live.de
Glam-Rock is coming Home!
Euer Steve Galore
LA 04/22/04

aus Emile Zola „Der Totschläger“ 1877
„Der „Totschläger“ lag an der Ecke… Auf dem Schild war in langen blauen Buchstaben von einem Ende zum anderen nur das Wort „Destillation“ geschrieben. An der Tür standen in zwei halben Fässern verstaubte Oleanderbäume. Der riesige Schanktisch mit seinen Gläserreihen, seinem Wasserhahn und seinen Maßen aus Zinn erstreckte sich links vom Eingang, und der große Raum war ringsum mit dicken, hellgelb gestrichenen, von Lack schillernden Tonnen geschmückt, deren kupferne Reifen und Hähne glänzten. Aber die Sehenswürdigkeit des Hauses war…ein Destillierapparat, den die Gäste in Betrieb sahen: Destillationskolben mit langen Hälsen und Külschlangen, die unter die Erde hinabhingen, eine Teufelsküche, von die die trunksüchtigen Arbeiter hintraten und träumten…Und vom Schanktisch, von den Tonnen, von der ganzen Gaststube stieg ein süßwürziger Geruch, ein Alkoholdunst auf, der die umherfliegenden Sonnenstäubchen zu verdichten und trunken zu machen schien…
Himmeldonnerwetter! Die war in Ordnung! In diesem kupfernen Schmerbauch war genug um sich acht Tage lang die Kehle frisch zu halten. Er hätte gewollt, daß man ihm das Ende des Kühlrohrs zwischen die Zähne lötete, damit er spüre, wie der noch warme Sprit ihn vollfüllte und ihm immerzu, immerzu wie ein Bächlein bis zu den Fersen hinabrinnte…“

IM Vowi

Live in der Vowi Nils Rosicky

aus Bockenheimer Kurier, vom 15.3.04, S. 4:
„Sex ´n´ Drugs ´n´ Rock ´n´ Roll oder Küsse, Bier und zarte Lieder“

Die „Vowi ´n´ Roll isn´t Noise Pollution“ – Tour von Nils Rosicky, der noch junge, aber schon so fertige Sänger und Gitarrist, der (angeblich unentgeltlich) im BVB-Aufsichtsrat sitzt und, so munkelt man, mit nicht ganz stubenfreien Worten vor nicht all zu langer Zeit den Vorstand mahnte, endlich solide finanzielle Rahmenbedingungen für ihren Verein zu schaffen, hielt Hof in Frankfurt in einer kleinen Eckkneipe im Satdtteil Bockenheim.
Die „Volkswirtschaft“ klassisch rustikal im Inneren, preislich sehr moderat, das wenige, aber ausreichende Essen gut zubereitet, die Bedienung interessant (doch man hätte sie lieber zum Dazusitzen eingeladen und ihr ein wenig in die Augen geschaut, so ein Zugereister), war gut gefüllt.
Lautstark fielen die Eintracht Frankfurt-Fans auf, welche immer wieder und geradezu unerbitterlich ihren Sieg an diesem Spieltag feierten. Nils Rosicky ließ sich davon keineswegs stören. Vielmehr webte er geschickt die Liedwünsche der Rot-Schwarzen ein. Den sachkundigen Fans konnte in dieser Nacht auch ein Quiz nichts anhaben: Nils Rosicky gab in einem Medley diverse Hits gespickt mit eher unbekannteren Liedern zum Besten. Dabei mussten die Zuhörer erraten, wie der Titel heißt, wer ihn gesungen hat und wann er enstanden ist. Illustre Namen, wie Bob Marley, die Beatles und The Police erscheinen dabei, wie auch Natalie Imbruglia oder The Calling, deren Namen so manchen, aber längst nicht allen bekannt waren. Freunde von Nils Rosicky statteten im Laufe des Abends ihren Besuch auf der Bühne ab. Sie spielten jeweils solo (u.a. Bjorn Koller) und wieder mit Nils Rosicky zusammen. Die Zuschauer waren’s zufrieden. Gegen Mitternacht ging der musikalische Teil des Abends zu Ende. Danach saß man noch lange zusammen.
Nils Rosicky tourt am Wochende in seiner Heimat, dem Ruhrgebiert weiter.

Und irgendwann später am Tresen:
Fragen und Antworten:
Gast: „Findest Du, dass Parteien zu restriktiv sind?“
Vowi: „Nö…“
Gast: „Bist Du ein Hippie?
Vowi: „Nee…“
Gast: „Bist Du für freie Liebe?“
Vowi: „Nee!“
Gast: „Gefällt Dir Hippie-Musik?“
Vowi: „Nö…“
Gast: „Willst Du mitmachen mit mir und meiner Freundin?“
Vowi: „Nee!“
Gast: „Du bist ein Langweiler!?“
Vowi lacht: „Nein!“

IM Vowi

Buh-uh-uh

Karges, hügliges Land unterhalb des Rheins; Soldaten mit ihrem tausendfachen Anhang am letzten Samstag:
„Buh-uh-uh! Buh-uh-uh!
Schluchz, schluchz!
Wein‘, wein‘, wein‘!
Trän‘, trän‘, trän‘!“
Reimus und Brumus -die beiden Heerrführer- nehmen sich in die Arme und zitieren als Trost und in wackerer Hoffnung das leicht abgewandelte Zitat eines anderen Helden:
“ Nous avons perdu un jeu de football, pas la 1. ligue! Nächste Woche sehen wir uns wieder auf dem heimischen Acker…“

IM Vowi

PS:
Von wem ist das leicht abgewandelte Zitat, ihr Googleianer?

Tschaikowski

Durs Grünbein
TSCHAIKOWSKI

für Markus Lüpertz

Dresden im schlafkranken Tal,
Ein Mauerblümchen zu Sowjetzeiten:
Da bin ich geboren, da komm ich her.
Frag nicht, es gab nie die Wahl –
Gehen und Bleiben, in diesen Breiten.
Darum klingt manches so schwer.

Tänzeln? – Wie das, wo der Fuß
Früh schon in Mammutspuren versank?
Sirenengesang war das Wiegenlied
Aus Grimmschen Märchen, Kiewer Russ
Und Völker hört die Signale. Schwankend,
Keiner entkam dem Tiefdruckgebiet.

Elbe, der Strom hielt ihn fest,
den Romantiker in der Straßenbahn.
In Schneewehen schlafend, mancher erfror.
Mancher fiel, flügellahm, aus dem Nest.
Doch nie mehr sah ich Tschaikowskis Schwan
So vollendet sterben wie dort.

IM Vowi

Kant aus sicht der Vowi

Sex ´n Drugs ´n Rock ´n´ Roll
Genau darum ging es in unserer kleinen stillen Eckkneipe besonders in dieser Woche. Aber in Wirklichkeit kann man rückblickend an diesem 7. Geburtstag der Vowi vermelden, daß sie die Hauptthemen waren und sind, welche uns Tag ein Tag aus beschäftigen. Selbst in Anbetracht des Kants-Jubiläums und den vergebenen zwei Punkten der Eintracht im Spiel gegen Rostock und dem Opfer unseres Kanzlers zu unser aller Wohl sich im Verzicht zu üben und dennoch weiterzumachen, alles in dieser Woche, brachte uns in der Vowi kaum aus dem Konzept. Im besten Fall wurden die klassischen Themen ein wenig den aktuellen Diskussionen angepasst:

Kann ein erigierter Penis eine Art kategorischer Imperativ sein?

Trübt die Rasur der Schamgegend die Kritik der Urteilskraft in Bezug auf Menschen mit wildwachsender Schambehaarung und umgekehrt?

Ist es die reine Vernunft, Oka Nikolov beim Gegentor vom Samstag zu kritisieren, in der Art, dass er hätte stehen bleiben müssen, um die rechte Seite seines Tores zu schützen und mit seinem Rauslaufen genau das Gegenteil bewirkte?

In welchen Verhältnis stehen Verstand und Vernunft, wenn das Euklidische Weltbild durch unsinnstiftende Flüssigkeiten wie Kristallweizen und Whisky relativiert wird und man dazu noch die Wahl hat zwischen zwei bis drei küssenden Mündern?

Würde jede Frau mit Hut mit jedem Weizentrinker (siehe auch Herr Lehmann) nach Marokko ziehen, um dort Take That zu hören?

Können blaue Augen gegen eine Stange Biskuit ankommen?

PS:
Die drei vier großen Fragen der Philosophie mal ganz ins vowihafte übersetzt, lauten dann:
Was kann ich trinken?
Was soll ich trinken?
Was darf ich trinken?
Was ist der Gast bzw. Trinker?

Achtung!Achtung!Achtung!Achtung!
Eine Vowi-Tat:
Wer bis spätestens Freitag 16.00 Uhr per Mail an
[email protected]
zurückgeschrieben hat, bekommt eine (auf Wunsch auch zwei) Eintrittskarte (n) -für Samstag, den 21.02. im TAT- für einen Doku-Film von David Byrne, der höchst persönlich anwesend sein wird. Danach könnt Ihr in die Vowi kommen oder im TAT bei brasilianischer Live-Musik -Gastgeberin Dona Clara- bleiben.
Die Vowi hat 10 Karten. Wer zuerst mailt, bekommt die Karten. Sie liegen dann an der Abendkasse unter einem Stichwort bereit für Euch umsonst!

ILÉ AIYÉ – THE HOUSE OF LIFE
FILM VON DAVID BYRNE
(USA/GB 1989)
SAMSTAG, 21. FEBRUAR 2004
20.00 UHR IM TAT IM BOCKENHEIMER DEPOT

David Byrne
Das TAT

IM Vowi

Leidenschaftslos blau

Annabelle und Sabine haben das „spontane“ Kicker-Turnier in diesem Jahr gewonnen. In beeindruckender Weise setzten sie sich gegen eine harte Konkurrenz durch.

Ganz zum Schluss, als eigentlich alle schon gehen wollten und betrunken waren, gab es noch eine Auseinandersetzung. Auch mit Hilfe des alten Konfuzius fand sich kein ganz genauer Ratschlag für die Beteiligten. Aber in der Vowi wird immer an das Gute im Menschen geglaubt. Ebenso darf man sich irren und es sich eingestehen oder sich für einen Fehler entschuldigen oder fast alles auf den Suff schieben:
Goethe sprach: „Hier bin ich Mensch – hier will ich sein!“
Konfuzius sprach: „Ich habe noch keinen wirklich standhaften und unbeugsamen Menschen gesehen.“ Jemand erwiderte: „Sen Cheng ist ein solcher Mensch.“ Der Meister bemerkte dazu: „Cheng wird von seinen Leidenschaften beherrscht. Wie kann er da standhaft und unbeugsam sein?“
Zi-gong sprach: „Was man mir nicht antut soll, das will auch ich anderen Menschen nicht antun. Konfuzius aber sagte: „So zu handeln vermagst du noch nicht“.
Konfuzius sprach: „In einem Streitfall die Standpunkte der Parteien anhören, das kann ich genauso wie andere Leute. Notwendig wäre es aber, dafür zu sorgen, dass Streitigkeiten gar nicht erst entstehen.“
Konfuzius sprach: „Fordere viel von dir selber und erwarte weniger von anderen! So wird dir Ärger erspart bleiben.“
Konfuzius sprach: Einen Fehler machen und ihn nicht korrigieren – das erst heißt wirklich einen Fehler machen.“
Konfuzius sprach: „Der Edle geht unbeirrbar den rechten Weg, er ist aber nicht stur.“
Konfuzius sprach: „Worte sollen Menschen etwas sagen – das ist alles.“

Seit heute gibt es wieder neue Bilder an den Vowi-Wänden zu sehen. Unser Allstar Manu zeigt mittlerweile zum dritten Mal ihre großflächigen Bilder. Auf der Bilder-Seite unserer Homepage findet Ihr ein paar Angaben über sie und einige Bilder.

IM Vowi

Zweiter Geschenkvorschlag und Lebkuchen zu Weihnachten 2023

Zweiter Geschenkvorschlag zu Weihnachten:
Musik als CD oder DVD:
Through The Ashes Of Empires von Machine Head aus dem Jahre 2003
Ok! Dies ist eine recht klare Metal-Scheibe: Brettgitarren, Doppelbass-Drums, leichtes Gebrüll als Gesang. Aber neben den konventionellen Metalriffs gibt es immer wieder Inseln der Harmonien und Schönheit. Hier wirkt der Gesang entspannt, die Hektik der brachialen Riffs ist verschwunden (fast wie ein Ardbeg hinten am Gaumen). Der Sänger und Chef der Band hat einiges zu erzählen. Dabei findet sich eine solche Wut, dass dabei noch weit Schlimmeres zu erwarten wäre. Doch schafft es die Band, diese Balance zwischen Kraft, Aggressivität, Wut, Angst und Hoffnung zu halten. Dadurch wirkt die Musik glaubwürdig und die Spannung bleibt erhalten. Sie spielen am Freitag, den 19.12. -für Kurzentschlossene- in Leipzig.

Für die Hardrock-Liebhaber der Vowi hätte ich auch einen schönen Wunsch zum Fest.
Electric Eye von Judas Piest aus dem Jahre 2003,
worauf sich ein Konzert aus dem Jahre 1986 findet. Dazu – und dies sind die eigentlichen Knaller – gibt es sämtliche Videos der Band (besonders genial Breaking The Law) und mehrere BBC-Mittschnitte aus frühster Zeit, wo Rob Halford noch lange Haare trug. Die Bildqualität ist gut. Der Sound ist OK. Breaking The Law als Video muss ich noch kurz kommentieren: Das Lied und Rob Halford wirken ja eher wie ein rockender Joe Jackson aus den späten 70gern. Der Text des Liedes meint wohl, weil alles so Scheiße ist, dass es eigentlich egal ist, ob man sich umbringt, eine Bank ausraubt oder mit der Freundin des besten Kumpels ins Bett geht. Und wenn man dann schon was Bescheuertes macht, dann sollte es sich wenigstens lohnen. Also Breaking The Law!. Im Video überfällt die Band eine Bank. Mittels ihrer Gitarren hält sie die Mitarbeiter auf Distanz und klaut dann aus dem Safe ihre eigene Goldene Platte, die sie zu ihrem damaligen Album British Steel bekommen hatte.

Empfehlen kann ich auch noch die DVD plus CD zum 10jährigen der besten Nigler Hamburgs – Tocotronic 10the Aniversary. Eine DVD mit diversen Live-Auftritten und allen Videos der Band und eine CD mit vielen B-Seiten und anderen Spezialitäten.
Ebenso finde ich die DVD von Paradise Lost – Evolve sehr gut. Zwei Live-Konzerte von ’92 und ’98 und sämtliche Videos geben anschaulich Zeugnis üer die Band.

Richtige Lebkuchen gibt es natürlich nicht im Supermarkt. Man backt sie selber oder bestellt sie via Internet. Ein Rezept für Honiglebkuchen findet Ihr auf der Rezeptseite. Unter den folgenden Links kann man Lebkuchen mit ihren exotischen Gewürzen und Düften bestellen
Nürnberger Lebkuchen:
www.weinhalle.de
www.lebkuchenversand.de
Pulsnitzer Lebkuchen:
www.pfefferkuchen.de
www.loeschner.de
www.groschky.de
Hamburger Lebkuchen:
www.andersen-hh.de
(Anmerkung 24.12.2023: Laut Netz hat der Bäcker schon länger zu.)

Am 24.12.03, 31.12.03 und am 01.01.04 bleibt die Vowi geschlossen.
Zwischem 25.1.03 und 04.01.04 ist die Vowi zwischen 20.00 – 01.00 Uhr geöffnet.
Die Zappa-Geburtstagsfeier am nächsten Sonntag, den 21.12. findet nicht statt, da Karsten am Knie verletzt ist und leider eine längere Zeit ausfällt.

IM Kreuzband

Erster Geschenkvorschlag zu Weihnachten 2003

Erster Geschenkvorschlag zu Weihnachten:
Spielfilm als DVD:
Stalker von Andrej Tarkowskij aus dem Jahre 1979
Ein geniales Werk des 1986 verstorbenden russischen Regisseurs. In alten DDR-Zeiten (ein typischer Film der Perestroika-Zeit, obwohl er aus viel finsteren Zeiten stammt) -so Karsten zu mir- ging er mit seinen Freunden regelmäßig in diesen Film ins Leipziger Kino „Casino“, wo faktisch in 159 min nichts passiert. Bei der Frage, um was es in den Film ging, wußten nur wenige eine Antwort. Auf jeden Fall dreht es sich, um die ganz großen Sinn-Fragen – eben um Leben und Tod. Das wom-Heft von Dezember schwelgt in höchten Tönen und bei Amazon, wo es Stalker jetzt für knappe 20,- Euro im 4:3 Vollbild und in der DEFA-Synchronisation gibt, fand ich folgende Beschreibung:

Vor zwanzig Jahren verwüstete ein Meteorit eine russische Provinzstadt und deren Umgebung. Reisende verschwanden in der Folge unter mysteriösen Umständen in diesem Gebiet, welches man nur noch als die „Zone“ bezeichnete. Und bald machten Geschichten von einem Raum innerhalb der Zone die Runde, von dem man sich sagenhaftes erzählte. Jedem, der sich dorthin vorwagt, würden die geheimsten Wünsche erfüllt werden. Ein erfolgreicher Schriftsteller (Anatoli Solonitsyn) und ein Wissenschaftler (Nikolai Grinko) engagieren den berüchtigten Stalker (Aleksandr Kaidanovsky), einen Führer und Fährtenleser, um sie sicher dorthin zu bringen. Doch zunächst gilt es, die patroullierende Armee und die Grenzposten am Rand der Zone zu überwinden.
Was wie die Exposition zu einem Actionfilm klingen mag, ist bei Tarkowskij lediglich die Ausgangssituation, um den zentralen moralischen Konflikt stärker herauszuarbeiten. Es geht um Menschen, die sich im Leben verirrt haben und sich auf der Suche befinden. Auf der Suche nach etwas anderem, das ihnen die moderne Welt mit all ihrem Zynismus, ihrem Unglauben und der daraus resultierenden Leere nicht bieten kann. Dieses von außen auferlegte Erkenntnisstreben — stets von Unruhe und Entbehrungen begleitet — zeichnet sich durch Schmerz und Enttäuschung aus, wird doch die letzte Wahrheit immer unerreichbar bleiben.
Die Art und Weise wie Tarkowskij sein Thema auslotet, mit welchen Stilmitteln er arbeitet, ist atemberaubend, ganz speziell auf der visuellen Ebene. Ist der Film im ersten Drittel noch in Schwarzweiß gedreht, sind die Szenen innerhalb der Zone in monochrome Grüntöne getaucht. Die Instrumentalisierung verfallener Industrieanlagen und der unkontrollierbare Wildwuchs hat Tarkowskij den Ruf eines modernen Mystikers eingetragen und funktioniert vor dem Hintergrund der philosophisch anmutenden Grundkonstellation hervorragend. Stalker ist neben Solaris bis zum heutigen Tag Tarkowskijs berühmtester Film, der eine ganze Generation nachfolgender Filmemacher beeinflusst hat.

Damit man weiß, gegen was der Film ästhetisch wettert, kann man in die Schirn gehen in die Ausstellung Traumfabrik Kommunismus. Die Visuelle Kultur der Stalinzeit. Und man kann ergänzend ins Filmuseum vorbeischauen, wo noch bis zum nächsten Februar sowjetische Filme laufen. Einer ist besonders zu empfehlen: Der Fall von Berlin aus dem Jahre 1949. Ein reiner Propaganda-Film, wo die Fiktion zum Alltag wird. Nichts stimmt an diesem Film außer, der historischen Rahmen (2. Weltkrieg). Der Gipfelpunkt der Verarschung ist die Ankunft Stalins nach Kriegsende in Berlin, die niemals stattgefunden hat. Gottesgleich steigt er aus dem Flugzeug (ganz ohne Pockennarben) und segnet das Volk mit mahnenden Wörter. Der auf der Kriegsbeute Agfacolor gedrehte Film erinnert an seine Brüder im Geiste aus der Nazizeit.
Der Film läuft am nächsten Mittwoch, den 17.12 um 20.30 im Filmmuseum.

IM Vowi

Herr Lehmann

Lieber Leander Haußmann, Sven Regner und Christian Ulmen,
Euer Film Herr Lehmann sollte den Bockenheimer Oscar bekommen (Bockenheim ist der Stadtteil in Frankfurt am Main, in dem sich unsere Kneipe befindet). Auf jeden Fall wird er der offizielle Volkswirtschaft-Film werden, denn die Mühsal, eine Kneipe zu beschreiben – die berühmten drei Fragen (Wieso? Weshalb? Warum?) zu beantworten, ist in Eurem Film eindrucksvoll gelungen. Hier die Begründung:
Am schönsten war, daß immer irgendwie Bier getrunken wurde, als ob es das Normalste der Welt sei. Es wurde nie hinterfragt, nie wurde die Schalheit von abgestandem Bier in Erinnerung gerufen, noch (Entschuldigung) der bekannte Bierschiß auch nur angedeutet, noch dass man von Bier, auch wenn man es gewöhnt ist , dennoch besoffen wird. Auf den Gipfel treibt es der Freund und Kollege von Herrn Lehmann, -Detlef- der ernstlich immer wieder irgendwelche Chips allen möglichen Leuten aufquatschen will wegen der Elektrolyte.
Am zweitschönsten waren die herrlichen absurden Szenen am Tresen. Diese gibt es wirklich und eigentlich fast jeden Abend. Das Tagebuch auf unserer Kneipen-Homepage beschreibt sie in schöner Regelmäßigkeit. Da stehen und sitzen zumeist irgendwelche Jungs und unterhalten sich kreuz und quer und in vollem Ernst über irgendwelchen Schwachsinn. Sie vermissen beispielsweise einen anderen Gast, der scheinbar als einzigste identitätstiftende Eigenschaft den Spitznamen Kristallweizen-Jürgen hat. Er ist wohl tot und was von ihm bleibt, ist, dass er jahrelang Kristallweizen getrunken hat.
Es gibt zwei Szenen, die in wenigen Sätzen und in sparsamer Dramatik alles auf den Punkt bringen. In der einen spielt Thomas Brussig einen DDR-Zöllner, der Herrn Lehmann unterstellt, Geld in die DDR zu schmuggeln. Dabei redet er so gestelzt und konstruiert, daß er die Situation ins Absurd-Lächerliche führt und damit auch die ganze DDR. In der zweiten Szene, Herr Lehmann und einige andere merkwürdige Gestalten sitzen in einer Kneipe, trinken und starren still vor sich hin rauchend, kommt eine abgetakelte Frau mit langen fettigen Haaren herein und will ein Bier und einen Klaren. Der Wirt fragt nach, ob sie Geld dabei hat, sie bejaht und der Wirt schenkt aus. Sie gießt sich den Klaren ins Bier und fragt nach, ob es die anderen schon mitbekommen haben, dass die Mauer offen ist. Die amruntergekommenste Person in der Kneipe muß den anderen mitteilen, was draußen (wahrscheinlich ein paar Meter weiter) passiert. Und anstatt sofort loszurennen, wird der Fernseher angeschaltet, und als man wirklich davon überzeugt ist, geht auch Herr Lehmann nach draußen. Jetzt, als ihm bewusst wird, dass sogar etwas Unendliches wie die Mauer eine Ablaufzeit hat, beschließt er nicht mehr in einer Kneipe zu arbeiten. Vielleicht nicht gerade ein neues Leben anzufangen, aber dennoch von dieser Bühne abzutreten. Schade, Herr Lehmann, aber natürlich hat er vollkommen Recht, denn wie sagte schon ein Kollege unweit der Volkswirtschaft: aller fünf Jahre sollte man die Kneipe (das Konzept) ändern, sonst läuft es sich tot – vielleicht hat er Recht – global gesehen, aber bei uns in Bockenheim?
Übrigens kann man Herrn Lehmann auch in Bockenheim treffen. Er hat diese ähnlich charmant-ernste Art, die seiner ein wenig gedungenen Haltung Würde verleiht. Die fatalistische Traurigkeit, welche seinen Blick müde lächeln lässt, ist nur ein Schutz vor seinem Job. Dieser ist vom Grundsatz einfach. Aber auf der Bühne, die sich ihm jeden Abend öffnet, gibt es eine Art unendliche Fortsetzung von Laiendarstellern, die Shakespeare aufführen. Dabei kann er mitmachen oder einfach nur staunen.
Prost – Herr Lehmann!

Herr Lehmann

IM Vowi

Lustiges Taschenbuch Nr. 25

Im Lustigen Taschenbuch Nr. 25 gibt es eine Geschichte mit dem Titel „Das Vermächtnis des Dietleib Duck“. Darin gehört eine kurze Zeit lang das halbe Vermögen Onkel Dagoberts seinem Neffen Donald. Während ersterer einen Zusammenbruch erlebt, gibt Donald sen neu gewonnenes Geld mit vollen Händen aus. Als er an einer Eisdiele vorbeiläuft, diese aber geschlossen hat, kauft Donald für eine Portion Eis den ganzen Laden für 100000,- Taler. Er wohnt im besten Hotel Entenhausens in der Fürstensuite, er kauft sich einen Oldtimer, weil einen Rolls Royce ja heutztage jeder fährt und schließlich will er sich einen Film in Indien ansehen, und da es keinen Flieger mehr dahin gibt, kauft er die Fluggesellschaft. Natürlich kann dies nicht gut gehen, denn Dagobert erholt sich wieder und und bekommt schließlich sein Geld zurück. Donald muss zum Schluss für einen Tagesatz zu 5,- Taler 27387 Jahre für seinen Onkel arbeiten, um die 50 Millionen Taler, die er ausgegeben hat, zu ersetzen.
Scheinbar sind sich Donald und Dagobert nicht besonders ähnlich – außer dass es Enten sind. In ihrer beschränkten Maßlosigkeit ähneln sie sich dennoch. Beide kultivieren ihre Suche nach dem dagobertschen und donaldschen Glück hemmungslos. Ihre Moral besteht dahin, dass sie keine haben, was sie auch ohne Bedenken zugeben. Das macht sie berechen- und angreifbar. Ein Elefant im Porzellanladen könnte sich nicht wohler fühlen.

IM Vowi