Russisches Alphabet_Л
Mein Bild der Russen ist geprägt von vor vierzig Jahren. Einzelne Erkennungsmarken sind die bereits letztens zitierten riesigen Brillengestelle, der Knoblauchduft einzelner Genossen bzw. Komsomolzen, die labbrigen Waffelbonbons namens „Konfekt“, die halben Zigaretten „Machorka“, der Wodka-Konsum oder die Pelzmützen Tschapka.
Im meist leergefegten Huthpark im Frankfurter Nordosten jogge ich regelmäßig zur Mittagsstunde. Neben den immer gleichen Hundebesitzern und den deutschen Rentnerpaaren spazieren diverse nichtdeutsch sprechende ältere Menschen dort. Die russischsprachigen älteren Frauen haben große bis riesige Brillengestelle. Die sind in all den Jahren nie kaputt gegangen.
Die jungen Russen, welche in der Vowi zu Gast sind, haben zum Glück ganz andere Brillen. Sie entsprechen keinen meiner aufgezählten Klischees.
Um meinen Klischees zu entkommen, schaue ich russische Serien. In der Zentralbibliothek in Ffm kann man sich diverse ausleihen. Auf youtube findet man einiges. Aber in Hülle und Fülle gibt es russische Filme kostenlos auf dem Portal von Mosfilm, der russischen Produktionsfirma.
Besonders gerne habe ich die Serie Ликвидация (Likvidatsiya) gesehen. Darin geht es um die Nachkriegswirren in Odessa. Der bekannteste Marschall der Sowjetunion Schukow gerät unter Stalin nach dem 2. Weltkrieg in Misskredit. Stalin scheut seine Popularität. Deshalb versetzt er ihn nach Odessa, wo Nazikollaborateure immer noch aktiv sind. Ein eher unkonventioneller Polizist mit jüdischen Wurzeln, der die Odessaer Halbwelt gut kennt, leitet die Aktion. Ликвидация ist ein langsamer Film, der manchmal in einen Western abgleitet, mit diversen zeithistorischen Anspielungen aufwartet und in der Hauptrolle von einem russischen Superstar (Vladimir Mashkov) gespielt wird. In der Ukraine ist die Serie aktuell verboten, weil der Schauspieler des Oberbösewichtes sich klar für die Ukraineabtrünnigen ausgesprochen hat. Zufälligerweise sind beide Hauptdarsteller Mitglied in Putins „Vereintes Russland“. Dies tut der Serie in meinen Augen keinen Abbruch.