Russisches Alphabet_Т_2.

Russisch buchstabiert auf Französisch

Тур де Франс
Tour de France

Teil 2:

Als irgendwo in der südlichen Bretagne das Fahrerfeld der diesjährigen Tour de France an uns vorbeirauscht, klingt es wie eine mechanische Sinfonie. Über uns mehre Hubschrauber (schweres dröhnendes Ratatatatata), vor und hinter dem Fahrerfeld die Polizeimotorräder und viele Konvoi-Skodas (schnelles Brum.., Brum…, Brum… und normales Eh…, Eh…, Eh…) und dazwischen weit über hundert bunt gekleidete Fahrer. Sie reden miteinander, was wir einen Meter entfernt am Straßenrand nicht hören, nur sehen. Wir hören dagegen hunderte Tretlager motorisch summen bzw. ölig knacken (rollendes russisches r). Die Sinfonie ist kurz. Sie ist so kurz, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings am Wegrand.

Seit Stunden warteten wir auf die Fahrer.

Immer mal wieder raste ein Auto oder ein Polizeimotorrad an uns mit Tempo 70 vorbei. Die Straße hat keinen schönen Asphalt. Er ist porös und nicht glatt. Die Straße ist schmal. Es passen kaum zwei Autos nebeneinander. Wiederum hat der Zuschauer am Rand ebenso wenig Platz zum Stehen. Manchmal gibt es einen Graben oder keinen Graben, nur Dornen.

Zuerst kommt etwa eine Stunde vor den Fahrern die Werbekarawane. Aus Disneyland bei Paris geklaute Autos mit jungen Leuten bestückt, werfen bei Tempo 70 Gummibärchentüten, Rad- und Grillmützen, Waschmittel, Donald-Comics, Schlüsselanhänger, Schlüsselbänder, Geldkartentaschen, oder Biscuits in unsere Richtung. Eine junge Frau vom Haribo-Wagen traf mich genau in der Mitte meines Körpers. Bestimmt nicht mit Absicht.

Dann rasen sonnenbebrillte Polizisten auf ihren Motorrädern mit Blaulicht vorbei. Gegenüber von uns steht ein netter Mann aus Strasbourg. Mit ihm palavern wir ein wenig auf Englisch. Er grüßt scheinbar jeden einzelnen Polizisten auf ihren Motorrädern. Sie nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Sie sind wichtig. Durch ihre Sonnenbrillen entrückt ihr Blick ins Imaginäre.

Vor den ersten Radlern fahren ähnlich schnell, wie die Motorräder, schicke Autos mit gedunkelten Scheiben an uns vorbei. Die Insassen winken uns zu. Warum? Wer sind sie?

Meine Tour-App zeigt mir an, dass es eine Spitzengruppe von drei Radlern gibt. Das Hauptfeld folgt sehr dicht. Die drei ersten unterhalten sich. Sie diskutieren angeregt. Sie müssen laut reden, denn durch den ganzen Tross um sie herum hören sie nichts. Wenig später rauscht das Hauptfeld an uns vorbei. Die Begleitfahrzeuge bilden den Abschluss. Unsere Straßenbemalung mittels Kreide „SGE. Allez les bleus! Vowi. John Degenkolb.“ hielt nur kurz den Reifen der Autos stand. Wir hätten richtige Farbe benötigt. Vielleicht konnte John Degenkolb den Eintracht-Schal, der an einem Baum hing, als Aufmunterung deuten. Wahrscheinlich aber nicht. Alles war, wie im wirklichen Leben, zu schnell.

Wir packen die herrlichen Dinge von der Werbekarawane ein und fahren mit unseren Rädern zum Auto, was nicht weit geparkt wurde. Die verbliebenen Zuschauer sehen uns, als behelmte Rennrad fahrende Radler und jubeln einfach aus Spaß, wie bei den Profis. Da hören wir ein schnell laut werdendes Rauschen und ein plötzliches wildes Hupen hinter uns. Wir springen, besser wir fallen zum Straßenrand. Nachzügler mit Begleittross (nichts von denen war auf meiner App zu sehen) zehn Minuten nach dem Hauptfeld donnern an uns vorbei. Alle wundern sich. Alle drehen sich noch mal um. Das war’s wohl.

Salut!

Zusammengefasst kann man sagen. Die Tour fährt wirklich hauteng an einem vorbei. Es gibt viele Räder, Autos, Motorräder und Hubschrauber, aber alle haben es ziemlich eilig und keine Zeit innezuhalten. Sie präsentieren. Die Zuschauer wiederum sitzen, ohne sich zu bewegen. Sie feiern die Fahrer und sich selbst.

Allez les bleus!

Möge Ante Rebic ein Tor am Sonntag schießen, um noch teurer zu werden und mögen schließlich die Blauen gewinnen. Ich finde, sie haben es sich verdient.
Viva la republic!
Viva la France!
Alles Gute zum Geburtstag, Fab!