Heimspiel

Das Heimspiel vom Montag ist zu Ende.
Alles verlief zwischen HR und Vowi, wie es abgesprochen war.
Nicht abgesprochen war, dass die Eintracht gegen Union im Waldstadion verloren hat. Die technische Umsetzung vom Fernsehen verlief souverän. Die Kneipe war gut gefüllt, aber nicht alle waren gewillt, der Sendung wirklich zu folgen. Am besten gefielen mir die Gäste der Sendung. Ich stimmte nicht mit allen überein. Dennoch argumentierten die Gäste sachlich, kurzweilig und zeigten trotzdem Emotionen. Es gab viele Geschichtchen in der Geschichte, zum Schluss noch einige nette Unioner in der Kneipe und ein, zwei Zwischenfällchen.

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Beispielsweise drohte ein mir bekannter, eigentlich zutraulicher Marder dem HR, die Kabel zu durchbeißen, weil im das Stromaggregat zu laut sei und er nicht schlafen könne. War natürlich Quatsch, denn Marder sind nachtaktiv. Der HR alarmierte daraufhin einen Tierfänger, der den Marder mahnte, sich nicht an diesen Kabeln zu laben. Als ich das mitbekam, redete ich mit ihm, bemerkte dabei seinen stolzen Duft nach Elektrolyten. Sie bewirkten bei ihm ein verstärkt kindliches Verhalten, was nach Aufmerksamkeit und Zuwendung rief. Nach gegenseitigen Respekts-Bekundungen verabredeten wir ein baldiges Wiedersehen ohne Kabelsalat.
Beispielsweise, wie ihr sicher alle wisst, soll nach 22.00 Uhr beim Rauchen kein Glas vor die Kneipe genommen werden. Damit der Akt des Rauchens schneller, und damit leiser, erfolgt. Zu später Stunde standen also wieder einige draußen. Dabei fiel mir ein Gast hörbar auf. Seine Stimme war laut, kräftig und in der Frequenz penetrant. Ich mahnte ihn, leiser zu sein und er antworte mir lautstark freundlich, dass er dies nicht könne, weil er schwerhörig sei. Ich hörte so ein Argument zum ersten Mal und fand es nachvollziehbar.
Keine Zwischenfällchen waren die geäußerten Fantasien eines Gastes gegenüber Beate, die man am besten mit einer Gelben Karte und dem Zusatz, beim nächsten Mal gibt es sofort Rot, beantworten hätte sollen. Auch wenn Alkohol und Fußballemotionen vieles verstärken, was nach dem Rausch nicht mehr zählt, gibt es von weiblicher Seite in der Vowi keine verbalisierten oder gar physisch angewendeten – ich betitle es mal etwas schwammig – Machfantasien an Männer. Von Männerseite gibt es sie durchaus. Auch in der Vowi.
(Bitte beachtet! Das Foto steht symbolisch hier.)

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Die eigentliche Wirtin der Kneipe, in der normalerweise die HR-Sendung „Heimspiel“ aufgenommen wird, stand als eine Art Maskottchen hinter dem Vowi-Tresen. Dies war verabredet. Ihre Funktion, die Sendung mit kurzweiligen Einwänden im Frankfurter Dialekt zu erfrischen, scheint dem HR wichtig und sinnvoll zu sein. Mir nicht. Ich konnte mich bei unseren Vorgesprächen nicht durchsetzen. Vielmehr sah ich mich auf einmal in Dresden in der „Planwirtschaft“. Dort würde der MDR seine wöchentliche Fußballsendung aufnehmen und ich hinterm Tresen stehend, gäbe ich während der Sendung im tiefsten Sächsisch mehr oder weniger sinnfreie Einwände.
Mich erinnert dies an von mir im TV verfolgte Faschingsveranstaltungen, wo nach jeder Pointe eines Redners die Kapelle einen Tusch spielt. Und es lachen wirklich alle im Saal. Aber ich lache bestenfalls über sie.

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Ich stehe dazu, dass ich das Konzept und die Umsetzung der Sendung trotz der mit berichteten sehr guten Einschaltquoten und positiven Resonanz nicht überzeugend finde. Auch viele Gäste in der Vowi gestern verfolgten die Sendung nicht gerade mit Spannung, eher mit – meiner Meinung nach – nicht nötigen, wahrscheinlich als lustig empfunden Zwischenrufen. Aber das Publikum war erwünscht bzw. von mir eine Bedingung für das Geschäft mit dem HR gewesen. Die Vowi ist eine Kneipe und kein Konzertsaal, wo andächtig Beethoven vergeistigt wird.
Dennoch, ich fühlte mich zwischen den Bemerkungen der neben mir stehenden Maskottchen-Wirtin und den zwischenrufenden Vowi-Gästen eingezwängt. Dabei gingen in der Kneipe die Themen der Heimspiel-Gäste leider unter. Die Gründe des Boykottes der Stehplatz-Karteninhaber und den Umgang mit extremer Gesinnung bei der Eintracht wären es wert gewesen.
Einige langjährige Eintrachtler sind gestern direkt nach dem Spiel gegangen, weil sie die Sendung nicht interessiert hat. Ich hätte wohl ebenso vor der Sendung gehen sollen, aber meine Arbeit ist von Öffnungszeiten umrahmt, damit die Vowi ihren Zweck erfüllt. Brot und Spiele ist das Konzept.
Am Donnerstag spielt die Eintracht nicht gegen Casino Salzburg mit dem damaligen Torschützen Adi Hütter, sondern mit ihrem Trainer Adi Hütter gegen RB Salzburg auf Leinwand und im TV, aber ohne den HR.
Es ist dann, wie immer, in der Vowi.

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