Russisches Alphabet_Г
Selbstverständlich war und bin ich ein großer Michail Gorbatschow-Verehrer. Das war von 1985-1991 der Alleroberste in der Sowjetunion. Zum ersten Mal in meinem Leben verband ich mit einem kommunistischen Funktionär Positives. Der meinte es ehrlich. Der wollte nach dem Abzug aus Afghanistan (1988/89) wirklich Macht abgeben. Der wollte sein Land umbauen (Perestroika) und transparenter (Glasnost) machen. Ob er nun aus innerem Antrieb oder aus politischem Druck von außen gehandelt hat, weiß ich nicht.
1989 verkauften Freunde und ich in Rostock-Warnemünde beim Hotel Neptun und später in Leipzig unweit der Nikolaikirche bis Anfang September im Auftrag von anderen Kumpels (Import/Export) von vietnamesischen Gastarbeitern genähte Hemden, Alf-Kissen, Samantha Fox und auch Gorbi-Anstecker. Brüste gingen natürlich ein wenig besser als Gorbis Feuermal.
Absurd wurde es, als die DDR-Oberen sich von Gorbis Umgestaltungsplänen abwandten. Bis dahin gab es die Losung: „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen!“ Jetzt 1988, beispielsweise, wurden deutschsprachige Zeitschriften aus der Sowjetunion verboten. Unter Gorbi gab es auf einmal eine Öffentlichkeit und einen kritischen Umgang mit der Vergangenheit. Normalerweise las niemand in der DDR freiwillig sowjetische Medien. Jetzt wurden sie interessant. Da verbot man sie.
Ich schrieb ungefähr Ende 1988 eine Eingabe an den DDR-Postminister, wo ich mich über das Verbot der Zeitschrift „Sputnik“ beklagte. Hat nichts genützt.
Allerdings war der Postminister nur noch ein Jahr im Amt. Die DDR gab es noch ein Jahr länger.
Und Gorbi reist als betagter Redner seiner Stiftung beliebt und verehrt in der (westlichen) Welt. In Russland ist er ohne Lobby mehr verachtet als verhasst und -schlimmer noch – langsam wird er vergessen.