Früher wurde ich hinterm Tresen gefragt, was ich so studieren würde. Heute, ab und zu, werde ich gefragt, ob ich neben der Kneipe noch als etwas anderes arbeite. Ich sei ja gar nicht so oft hier und neuerdings so lange im Urlaub. Dann verneine ich ich brav und beteuere, dass der Kneipe meine ganz Aufmerksamkeit gehört. Innerlich schüttele ich müde den Kopf und fange an aufzuzählen, was die Kneipe noch so beinhaltet. Ist wie die Konsequenzen bei zu viel Bier. Sieht man nicht. Gehört aber dazu. Bei mir füllt dies im Laufe der Zeit Ordner mit Briefen, archivierte Mails und Telefonprotokolle:
Ein Beispiel. Tatsächlich nur eine kleine und nervige Nebengeschichte:
Ich erhielt eine Mail von der GEMA am 08.08. mit Zahlungsforderung von knappen 200,- für die Übertragung der Fußball-EM vor der Kneipe.
Ich erinnere mich, dass es vor der EM einen Brief der GEMA gab, worin darauf hingewiesen wurde.
War doch aber so, dass ich alles zeigen kann, weil mit dem Vowi-Sky-Vertrag alle GEMA-TV-Forderungen pauschal abgegolten werden?, dachte ich mir.
Ich bin mir eigentlich sicher, versuche anzurufen, komme nicht durch und moniere per Mail an GEMA (10.08.). Bezahle aber. Sicher ist sicher. Bei Finanzamt, Krankenkassenbeiträgen und GEMA sollte man sehr sorgsam mit Zahlungsforderungen und Mahnungen sein, sonst kann es schon mal „Kuckuck“ machen.
GEMA reagiert nach knapp zwei Monaten mit Stornierung ihrer Rechnung und der Rücküberweisung (30.09.).
Hatte ich also recht, dachte ich. Muss nur konsequent sein. Auswärtssieg!
Wieder nach etwa 2x Monaten erhielt ich neue Rechnung mit Zahlungsforderung gleicher Inhalt, wie am 08.08.
Wieso? Weshalb? Warum? , dachte ich mir und rief bei GEMA an. Nach etwa einer Stunde kam ich durch.
GEMA argumentiert, dass mein Sky-Vertrag zwar GEMA-Gebühren beinhaltet, aber nicht für draußen, sondern nur für Gastraum. Außendienstler hätten aber TV-Gerät draußen gesichtet während der EM.
Ich widerspreche (moralisch), dass ich durch Corona ja verpflichtet gewesen bin, dafür zu sorgen, dass mein Betrieb entsprechend diesen Regeln aufrecht gehalten wurde. Ich also, wegen der Aerosole, alles nach draußen verlegt habe. Damit will GEMA wohl, dass ich besser gegen Corona-Auflagen verstoßen hätte, um GEMA-Auflagen einzuhalten.
GEMA am Telefon geht darauf nicht groß ein. Warum auch. Nicht ihr Problem. Ich hätte ja nur Brief von GEMA vor EM ordentlich durchlesen müssen.
Ich widerspreche zum zweiten und sage, dass mein Sky-Vertrag pauschal sei und die expliziten Unterscheidungen da nicht vorkommen und sie allgemein gelten.
Und dann behaupte ich, dass im Brief der GEMA vor der EM darauf nicht hingewiesen wurde. Mache ich einfach so. Baugefühl. Ich weiss es nicht.
GEMA am Telefon schaut nach. Geht aber nicht drauf ein. Ich hoffe verwundbare Stelle gefunden zu haben und bohre weiter. Ich behaupte einfach, dass ich Brief vor mir liegen habe, und es dort nicht unterschieden wird. Mein vermeintliches Ausgleichstor wurde dann leider aberkannt, denn irgendwo in den Fußnoten, in den Häufig gestellten Fragen zum Schreiben, auf der anderen Seite im Schreiben im Kleingedruckten oder bei der GEMA online würde genau dies ausgeführt. Ich sollte mich an Sky wenden, den die GEMA hätte da eine Datenabfrage gemacht, um zu erfahren, dass mein Vertrag eben nur für den Innenbereich gilt. Bestenfalls könne hier noch Sky, wenn ich einen anderen Vertrag dennoch hätte, es ändern. Ich könnte dort nachfragen.
Tat ich auch. Sky bestätigte, dass ich nur Vertrag für innen habe. Ich sollte mich an die GEMA wenden. Der Ball wurde im übertragenen Sinne zurückgespielt. Er flog an mir vorbei ohne Chance einer Berührung meinerseits.
Die GEMA hatte recht. Wenn ich draußen Fußball zeige, muss ich es in Zukunft bei der GEMA bezahlen.
Das teuerste an den knappen 200,- ist die Strafe und nicht die pauschale Summe.
Aber woher sollte ich dies alles wissen und wie schwer war es, dieses Wissen zu bekommen, und welchen Anteil an einer Bier-Preis-Erhöhung (die Bindung hat für Frühjahr 2022 eine solche angekündigt) kann ich dafür nehmen.
In der Aussichtslosigkeit, und nicht inhaltlich, erinnert mich diese frustrierende, nicht bierzapfende Nebenbeschäftigung an den einzigsten Abstimmungserfolg, unserer per se immer in der Minderheit existierenden studentischen Vertretung, in irgendeinem untergeordneten Gremium an der Uni. Die Reaktion der Professoren war, dass sie solange weiter abstimmen lassen wollten, bis sie die Mehrheit schließlich bekommen würden.
In der Mitgliederversammlung des FC Bayern über Sponsorenverträge mit Katar bzw. deren staatlichen Firmen, im Bezug auf dem Umgang des Landes mit Menschenrechten, war es letztens so ähnlich:
Abschmettern, Auflaufen lassen, immer wieder neu abstimmen, sich verstecken hinter (juristischen) Fußnoten oder einfach Sitzung beenden.
Die nächste WM findet ja im Winter statt.
Geh ma?