20 Jahre voll mit Geschichten aus der Volkswirtschaft
Nr. 13: Austausch mit und ohne Worte
„Ein Pils aus einem trockenen Glas oder wie der Spanier sagt: Eine Vase Servietten!“
Die Kneipe war und ist Schauplatz von Beziehungsdramen. Manche Ehe bzw. Beziehung hat die Vowi gestiftet. Darauf können wir ein wenig stolz sein. Einiges ging hier wiederum emotional zu Bruch. Immer wieder fungiert man hinterm Tresen als Seelentröster oder als sauberes Taschentuch, was den Liebeskummer kanalisiert. Hin und wieder versuchte ich zu lindern oder einfach nur Mut zuzusprechen. Nicht selten höre ich bloß zu, denn Liebeskummer ist ein Kummer mit sich selbst, vielmehr über sich. Man wird plötzlich verlassen oder hat soviel Mist verzapft, dass man mit Ansage verlassen wird. Man wird nicht von seiner Angebeteten erwählt oder findet nie diese eine. Der Lebenssinn geht stiften. Man fühlt sich mit sich selbst allein. Es bleibt die Seligkeit des Bieres und einer, dem man das alles erzählen kann. Mir.
In einem eigenwilligen Intermezzo zweier Gäste musste der jeweils unterlegene bei einem Spiel etwas ausziehen. Als schließlich einer den Gürtel seiner Hose mit todernster Miene zog, wollte ich eingreifen. Beide saßen sich wie zwei schießwütige Cowboys gegenüber. Mehr wollten sie wohl nicht. Das Spiel war zu Ende.
Wildes penetrantes Geknutsche ist vorgekommen, was nicht störte. Anstrengender war eine Art Petting, was ein Pärchen immer wieder in der vollen Kneipe vollzog. Zu viel Intimität kann befremdend und abstoßend wirken. Nach dem wiederholten Auftreten des Pärchens war ich kurz davor, sie anzusprechen und zu bitten sich für ihr intimes Vorspiel einen anderen Ort zu wählen. Als ob sie es gewusst hätten, tauchten sie nicht mehr auf.
Sex auf dem WC soll es gegeben haben. Ich war nicht dabei. Die Indizien sprechen dafür.
Aus gut unterrichteten Kreisen weiß ich, dass man hinter dem Tresen eindeutige Angebote zum Sex bekommen kann. Wenige hielten dem stand. Es gab mindestens einen, der aus jugendlichem Übermut seiner Leidenschaft kein Hausverbot gab und das Angebot annahm.
Einige Gäste haben, gerne am vollbesetzten Tresen, keine Scheu, über ihre Sexualität zu sprechen oder darüberhinaus, sie zu zeigen.
Manche tun es aus Spaß. Bei anderen wiederum fehlt ein Scham- und Distanzgefühl. Sie erinnern an Kinder.
Diesen Zettel mit wegretuschiertem Namen fand ich vor etlichen Jahren nach Mitternacht beim Aufräumen. Was daraus geworden ist, weiß ich nicht.
„Der Wirt kriegt kein Trinkgeld.“