Vor zehn Jahren wurden in der Uno-Schutzzone Srebrenica vor den verschlossenen Augen niederländischen Truppen etwa 8000 Bosnier umgebracht. Keiner hat´s gesehen, Keiner hat´s gehört, Keiner hat´s gewusst!
Jedes Lied ein Tropfen,
der im Auge tränt
Jeder Ton eine Träne,
die auf den Boden fällt.
Im KOZ, dem ehemals selbstverwalteten Kommunikationszentrum am alten Uni-Campus, gibt es viel Glas, was schon vor Jahren den Sound diverser Bands beeinträchtigte. Die großen Fenster sind geblieben. Aber alles macht einen gepflegten -man könnte auch sagen langweiligeren- Eindruck als noch vor zehn Jahren. Es gibt handliche 0,3 Becks in der Flasche: Das schmeckt und man hat immer was zu tun, indem man sein Bier festhält, denn geraucht oder gekifft wird weniger.
Alle kamen am Sonntagabend nach Bockenheim nicht unbedingt in die Volkswirtschaft oder zum Kickern in den Tannenbaum. Vielleicht hundert Wissende wollten Will Oldham (zurzeitiger Künstlername: Bonnie -Prince- Billy) und Matt Sweeney mit ihrer Band sehen, und sie wurden nicht enttäuscht. Für 25,- Euro (das Konzert wurde wohl auf Grund der geringeren Nachfrage von der neuen in die alte Uni verlegt) gab es einen guten, nicht zu lauten Sound, wo die Stimme von Will Oldham über allen stand. Nur ein lästiges Brummen der Gitarre von Matt Sweeney störte gerade bei den leisen Stellen. Fast zwei Stunden bekam man vieles aus der neuen CD der beiden „Superwolf“ sowie einige Stücke der Solo-CDs von Will Oldham zu hören. Zwei Stunden Musik, die so voller emotionaler Spannung bei fast jedem Lied war, habe ich bisher noch nicht erlebt. Dabei waren die einzelnen Lieder im Gegensatz zu den CD-Versionen kürzer. Dennoch schaffte es die Band mühelos, immer wieder aufs Neue herrliche Bögen zu weben, die entweder kraftvoll ausschlugen, ins Frei aufbrachen oder nach dem Höhepunkt einfach beendet wurden. Der Schlagzeuger schaffte dafür den jeweils passenden Untergrund, Matt Sweeney zog mit seiner Gitarre die langen Töne, die Keyboarderin spielte verhalten, aber voller Inbrunst, und über allen lag die Stimme des wie eine Mischung aus Waldschrat und Neues Forum-Mitglied aussehenden Will Oldham. Er hält mit der traurigsten Stimme der Welt diese Musik zusammen. Tod, Dunkelheit, Liebe und das Meer sind ständige Themen seiner Lieder, die an Country Music erinnern, aber in erster Linie in einer Singer/Songwriter-Tradition steht. Will Oldhams Musik wurde geadelt, als Johnny Cash (wohl vielleicht eher Rick Rubin, sein Produzent) für einer seiner letzten CDs ein Lied von ihm gemeinsam mit ihm aufnahm.
Will Oldham schafft es mühelos, diese furchtbare Tiefen der menchlichen Seele, all das was man so gerne verdrängt, in seinen Liedern ohne Kitsch, fast nackt zu verkleiden.
Nach dem Konzert stand der Waldschrat und seine Band im Freien und ein Fan meinte in aller Kürze, und man konnte ihm nur beipflichten: „It was great!“ und der Waldschrat verdehte als Antwort ein wenig verschämt die Augen.
Will Oldham und Band spielen am 15.08 in Mannheim.
IM Vowi