Evolutionsbiologie und dünne Haare

Am Freitag war das Tresen-Thema, wie denn dass alles so zwischen Mann und Frau funktioniert. Und der Zufall will es, daß Jeffrey Eugenidis in seinem Bestseller „Middlesex“ genau dieses Thema in aller Kürze abhandelt. Es dreht sich um die Frage, ob Mann und Frau so sind, weil sie immer schon so waren (Evolutionsbiologie-Theorie) oder ob es durch die Gesellschaft ein verordnetes Mann-Frau-Bild gibt (Unisex-Theorie) oder ob es die Erbanlagen sind, die uns in unserer geschlechtlichen Identitäöt (Intersex-Theorie) -so sagen wir es als Gender-Experten- bestimmen.
In dem Buch von Eugenidis wird eine Familiengeschichte in Amerika des 20 Jh. erzählt u.a. aus der Sicht eines Zwitters (Hermaphroditos). An sich selbst erfährt er/sie, wie mit dem Begriff Geschlecht umgegangen wird. Über die Meinung, dass Mann und Frau schon immer so waren in den letzen Jahrtausenden schreibt er:

Es nannte sich Evolutionsbiologie…Männer wurden zu Jägern, Frauen zu Sammlerinnen. Nicht mehr das Erworbene, sondern das Angeborene prägte uns. Es hieß, die Impulse von Hominiden aus der Zeit um 20000 v. Chr. wirkten in uns noch immer nach. Und so liefrn uns heute Fernsehen und Zeitschriften die gängigen Vereinfachungen. Warum können Männer nicht kommunizieren? (Weil sie auf der Jagd leise sein mussten.) Warum kommunizieren Frauen so gut? (Weil sie einander zurufen mussten, wo die Früchte und Beeren waren.) Warum finden Männer nie etwas im Haus? (Weil sie ein schmales Blickfeld haben, was ihnen bei der Pirsch auf Wild zugute kommt.) Warum finden Frauen alles so schnell? (Weil sie beim Bewachen des Nestes ein weites Feld zu überblicken pflegten.) Warum können Frauen nicht rückwärts einparken? (Weil ein niedriger Testosteronspiegel das räumliche Denken behindert.) Warum fragen Männer nicht nach dem Weg? (Weil die Frage nach dem Weg ein Zeichen von Schwäche ist und Jäger nie Schwäche zeigen.)… Ihr könnt raten, wer ein Anhänger dieser Urmensch-Theorie ist und diese in einer einfachen bildlichen Sprache am Freitagabend am Tresen entwickelte.

Zwei Konzerte nächste Woche möchte ich noch empfehlen. Am Donnerstag spielt „Tricky“ in der Centralstadion in Darmstadt.
Ich aber werde am Samstag nach Mainz zu „Yes“ gehen. Natürlich bewegt sich Jon Anderson, wie ein junger Leonid Breshnev als indischer Guru verkleidet, Steve Howes Haare werden immer dünner und grauer, Chris Squire trägt noch im hohen Alter seine schon in den 70ern peinlichen Klamotten, Alan White macht immer noch Schlagzeug-Solos und Rick Wakemann wird immer noch kein Veganer geworden sein. Und trotzdem! Ihre letzte CD „Magnificiation“ ist wirklich seit langem wieder große Klasse. Es gibt schöne Popstrukturen, herrlichen Satzgesang, verworrene kammermusikalische Ausflüge, heilige Stimmungen, melancholische Freude: Feinarbeit im Großflächenformat. Hier wird nicht olympisch Holz gehackt, wie auf der aktuellen Metallica-CD „St. Anger“, hier zeigen die Alten Meister, dass Musik auch ohne Hinternwackeln funktioniert. Dabei gewinnen sie die Bergetappe nicht mit hochroten Kopf als Schwerstarbeiter, sondern mit der Leichtigkeit des Könners.

Natürlich könnt Ihr, wie jeden anderen Tag auch, am Samstag in die Vowi kommen. Dort wird dann 20.00 Uhr die BBC-Dokumentation „Hooligans“ über die englische ind italienische Szene zu sehen sein.

IM Vowi