Jetzt ist ein neuer Roman des Leipziger Schriftstellers Wolfgang Hilbig erschienen: „Das Provisorium“. Den Autor könnte man mit seinem Erscheinungsbild und seinem sächsischen Dialekt für einen Bewohner des Männerwohnheimes gleich neben der Vowi halten. Dieser erste Blick wird noch bestätigt, wenn man sich seine Biographie anschaut. Er war Heizer in einem Kesselhaus, ehe er nach und nach als Schriftsteller in der DDR in Erscheinigung trat.
Die Erzählungen und Romane Wolfgang Hilbigs handeln zumeist in der DDR, oft in Leipzig. Den auftretenden Personen geht es nicht gut, bedingt durch die Situation in der DDR, wo weder Reflektionen über und schon gar nicht Kritik am Status Quo geäußert werden durfte. Manche Personen entwickeln eine Art Eigensinn, auf dem sie beharren, oder sie weichen in eigene Gedankengebäude aus.
In seinem letzten Roman „Ich“ wird die gerade schizophrene Situation eines Schriftstellers, der als inoffizieller Mitarbeiter der Staatsicherheit arbeitet, dargestellt. Die Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Erfundenem ist kaum noch möglich. Und wenn ich da an Sascha Anderson denke, einem Schriftsteller aus der Prenzlauer Berg – Szene, der jahrelang der Stasi alles mögliche über die Intellektuellen aus seinem Umkreis berichtete und scheinbar keine moralischen Gewissenbisse empfand, erahne ich tiefste seelische Abgründe.
„Das Provisorium“ erzählt über einen Helden, der aus der DDR kommend, vor der Wende mit einem Visum in der BRD weilt. Für ihn gibt es kein sicheres Fundament mehr: das alte System der DDR gab einen Halt in der Wiederstandshaltung und in seiner Klarheit des alltäglichen Lebens. Der Westen scheint nur ein riesiger Konsumtempel zu sein, der verwirrt und keinesfalls die Alternative zum real existierenden Sozialismus bildet. So bleibt nur ein Leben als Provisorium und der Suff.
Euer IM Marcel R.-R.
Kategorie: Früher
Früher -in der DDR- haben die Erdbeeren besser geschmeckt und die Bäckerläden waren herrlich, sonst war nichts gut
Sonntag, 14. November 1999
Bald fängt die Weihnachtszeit an und wir alle oder die meisten von uns stiefen dann los, um für die gesamte Familie alles einzukaufen.
Ich hätte eine Empfehlung für ein Geschenk -auf das ich im aktuellen Stern gestoßen bin-, welches nicht gerade schön ist, aber sicherlich sehr interessant: Der Deutsche Fußball Bund (DFB) hat zu seinem 100jährigen Bestehen eine Festschrift herausgegeben, die man auch online in der Fan-corner kaufen kann. Das Buch kostet knapp über 60,- DM.
Für die Hälfte dieses Preises bekommt man von einem kleinen Verlag ein Buch, welches sich wesentlich intensiver mit dieser Zeit auseinandersetzt, womit sich die DFB-Festschrift nur auf wenigen Seiten beschäftigt: Fußball in der NS-Zeit. Man erfährt in diesem Buch, daß weder das Verbandsorgan Kicker, noch Spieler und Funktionäre ein Problem hatten, sich mit den Nationalsozialisten einzulassen und sie zu unterstützen auf Kosten jüdischer oder antifaschistischer Fußballer. Ein einziger Hoffnungsschimmer war der ehemalige Bundestrainer Helmut Schön, der nicht in die SS eingetreten ist. Das Buch heißt: „Stimmen für Hitler. Vom Zusammenspiel zwischen Fußball und Nationalsozialismus.“ Die Autoren sind: Ulrich Lindner und Gerhard Fischer. es ist beim Werkstatt-Verlag erschienen und kostet 34,- DM. Leider hat der Werkstatt-Verlag noch keine Homepage.
Ihr könnt das Buch beispielsweise in der Karl-Marx-Buchhandlung neben der Vowi kaufen oder auch bei einem der Online Buchshops, wie amazon.de.
Euer IM Vowi
Sonntag, 31. Oktober 1999
Endlich kommt kurz vor Weihnachten eine neue CD von Frank Zappa mit dem Namen „Everything is healing nicely“. Es ist die zweite Aufnahme zu seinem „The Yellow Shark“ – Projekt, die er im Rahmen der Frankfurter Feste 1992 mit dem Ensemble Modern einspielte. Man kann sie via
Mail-Order bei Barfko Swill Kalifornien vorbestellen. Als Höhepunkt spielt Zappa sogar ein Gitarrensolo dazu -wahscheinlich eines seiner letzten, denn ein Jahr darauf starb er.
Die Auswertung der Vowi-Umfrage zum Rücktritts Oskar Lafontaine hat eine Pat-Situation ergeben. Die eine Hälfte war mit ihm einverstanden und säuft demnnach lieber, als mit dem Blödmann Fischer joggen zu gehen. Die andere Hälfte nimmt es ihm übel, daß er zurückgetreten ist und ist auch noch empört, daß er sich dabei die Taschen voll haut.
Eine weitere Umfrage um die Lieferung eines Leopard-Panzers und den sich daraus ergebenden Folgen erspare ich mir lieber.
Menschen aus den neuen Ländern sind eher die Ausnahmen in unserer kleinen Familien-Kneipe an der Ecke. Außer dem einen Wirt und einer Jenaerin fällt mir niemand weiter ein. Deshalb empfehle ich Euch den neuen Film von Leander Haußmann und Thomas Brussig nach dem Roman von Thomas Brussig „Sonnenallee“ anzuschauen. Wie unser Webmaster Jörg und auch meine Frau Claudia -beide sind aus Leipzig- mir erzählten, enspricht der Film durchaus ihrem Lebensgefühl in den 80er Jahre „in meinem Heimatland DDR“. Er verklärt nichts, sondern erzählt und dokumentiert diese Jahre auf eine lustige Art und zugleich ernste Weise. Damit steht er vielleicht als Pendant zur mancher Blüte einer DDR-Nostalgie in den neuen Ländern. Der Film läuft in allen großen Kinos Frankfurts.
Euer IM Vowi
Neuigkeiten vom 25.07.1999
Ich hätte noch einen Nachtrag zum Plakat mit dem FDJ-Emblem von letzter Woche. Bei meinem täglichen Gang zum besten Bäckers Frankfurts „Kronberger“, um mir dort Baguette und ein Stückchen zu kaufen, sah ich es wieder und schaute es mir genauer an. Ein Satz sprang mir geradezu in die Augen, machte mich einen Moment sprachlos und ich fühlte mich im Nachhinein bestätigt in der Entscheidung auf das Plakat in der VOLKSWIRTSCHAFT zu verzichten: „Diese Grenze verhinderte, daß wir gemeinsam gegen andere Völker in den Krieg ziehen (an der ehemaligen Staatsgrenze der DDR).“
Ein neues Rezept bei www.vowi.net!
Euer IM Vowi
Neuigkeiten vom 18.07.1999
Vielen Dank für das reichliche „Anklicken“ unserer Homepage. Innerhalb der ungefähr vierzehntägigen Existenz wurde sie über 120 mal besucht.
Falls jemand bei unserem Tippspiel zur nächsten Bundesligarunde mitmachen möchte, melde er sich bitte bei Karsten an der Theke.
Letztens fragte mich ein Gast, ob er ein Plakat für eine Friedenskarawane aufhängen könnte. Darauf zu sehen war das Emblem der FDJ (Freie Deutsche Jugend – damals die Jugendorganisation der SED – heute wahrscheinlich überparteilich und unabhängig). Als ich mich als ehemaliger DDR-Bürger, Mitglied und Mandatsträger der FDJ offenbarte und es ablehnte, das Plakat in der Volkswirtschaft aufzuhängen, konnte er mich mit Argumenten, daß der Inhalt für den Frieden und die FDJ dazu noch gegen die Ungerechtigkeiten der Wiedervereinigung sei, nicht umstimmen.
Nach Mitternacht ist unsere Kneipe oft ein Panoptikum: Zwei Besoffene aus dem Männerwohnheim nuschelten sich gegenseitig voll. Später schlief der Eine …
Ecco monologisierte inzwischen über Jost Stollmann (unternehmerische Leidenschaft) und erklärte einer Gewerkschaftlerin, wie neue Arbeitsplätze zu schaffen wären …
Martin und Andreas redeten übers Fahrradfahren und die Tour …
Klinki fragte mich nach dem Unterschied von Ausgaben- und Rücknahmepreis bei Investmentfonds …
Vorher gewann Hans, der nie spielt, an den Automaten für 5,- über 250,- Mark …
Neue Links und ein neues Rezept bei www.vowi.net!
Euer IM Vowi