Glaube an Wunder

Am schlimmsten war vielleicht, daß es keiner mehr geglaubt hat. Petra Roth ist um die 80. Minute gegangen, einige Zuschauer und wir saßen sprachlos, andere wieder apathisch in der Westkurve und ich dachte mir, daß ich auf jeden Fall nächste Saison wieder nach Ahlen fahren würde. Und die Mainzer? Das war doch irgendwie beeindruckend, wie sie in Braunschweig mit vier Toren vorne lagen. Plötzlich sagte einer, daß es 1-4 in Braunschweig stehen würde und Zico Bindewald -in Mario Basler-Art- fuchtelte wie wild mit seinen Armen rum, um die Fans aufzuwecken. Und dann keimte urplötzlich ein winziges Pflänzchen, welches immer größer wurde. Die Zuschauer hatten kaum Zeit zu erwachen aus ihrer Lethargie. Die Eintracht schoß einfach noch drei Tore und war aufgestiegen. Manche weinten hemmungslos. Andere (auch ich) konnten die Glückstränen nicht unterdrücken.
Vielleicht ist das Wunder noch größer als 1999. Zwei eigentlich sehr platte Fußball-Weisheiten haben sich wieder bewahrheitet. Ein Spiel dauert 90 Minuten, und abgerechnet wird zum Schluß. (Und stellt Euch drauf ein, wenn wir ab August die Eintracht samstags oder sonntags auf Premiere sehen werden, daß wir sie volle 90 Minuten sehen werden – auch wenn die Eintracht 5-0 hinten liegt.)

Willie Reimann ist der ungekröhnte König der Eintracht. Meine beiden Favoriten der Saison sind Erwin Skela und Jens Keller. Der Erste ein Schöngeist, der wohl gar nicht planlos spielen kann. Er spielt sich den Weg frei oder setzt seine Mitspieler spielerisch ein. Er ist mein neuer Held. Der zweite ist der mustergültige Profi. Hier verdient er sein Geld, also wird hier gearbeitet. Und nicht ebenso, sondern jede Woche 90 Minuten lang. Er hatte nur ein, zwei schlechtere Spiele, er kann sich nach vorne orientieren. Er ist der Leitwolf. Er steht prototypisch für die aktuelle Eintracht.
Natürlich müßte ich alle anderen auch erwähnen. Jemaine Jones und Alexander Schur, aber ganz besonders. Der Erste ist ein Laufwunder und ungemein aggressiv. Er rennt nach jeden Ball. Entweder er hat ihn oder er grätscht den Gegener um. Der zweite ist einer von uns. Er spielt zu den gleichen Bezügen ab August in Liga 1, wie gestern noch in Liga 2. Er kriegt pro Spiel mindestens eine gelbe Karte oder steht immer kurz davor. Er gröhlt die selben blöden Lieder mit den Fans, wie sie gestern und vorgestern in der Vowi zu hören waren. Er kommt aus Bockenheim und vergißt in der Freude seine Mainzer (Frankfurter) Kumpels nicht.

Nur kurz war ich gestern in der Vowi. Weil Karsten mit seinem Sohn zum Römerberg gehen wollte, blieb ich leider nur mit einem Auge in der Vowi. So konnte ich noch verhindern, daß Knut es bei einem Glas beließ, was er auf die Straße schmiß und Olli T. sich nichts gebrochen hat, als er vom Hocker fiel. Bei der Auseinandersetztung zwischen Kley und Willi war ich zu müde und schon fast vollständig entmaterialisiert. Glücklicherweiße hielten einige Jungs den Streit noch in Grenzen. Dennoch gab es eine kaputte Brille und viel Ärger. Die Vowi bittet (ohne das exakte Wieso? Weshalb? Warum? zu wissen) die beiden Parteien, ihren Streit ohne Alkohol und nach einer oder ein paar überschlafenen Nächten sachlich und friedlich zu klären. Die Vowi übernimmt auch, wenn es dafür Bedarf geben sollte, eine Art UN-Funktion.

Karsten fand es noch sehr schön, wie die Fans anderer Vereine (BVB und Schalke) ihn zum Aufstieg der Eintracht beglückwünschten.

Und zu guter Letzt muß ich
(Und ich will mich mal outen: Ich bin weder ehemaliges Stasi-Mitglied, noch Karstens geheime Vergangenheit und erst recht nicht Günther vom Tannenbaum. Ich -IM Vowi- bin der Schutzengel der Volkswirtschaft)
noch Vera und Nadja preisen, die -ganz wie die Eintracht- von Mittags bis Nachts ohne Halbzeitpause und ohne Auswechselspieler diesen Sonntag, den 25. Mai 2003 gekämpft und gewonnen haben.

IM Vowi