Teesorten und nicht-alkoholische Kaltgetränke dominieren

Antwort auf einen Artikel in Spiegel-Online
Mit Linie 16 auf Kneipentour
vom 23.03.04, wo die u.a. die Vowi, wie folgt beschrieben wird:
Hier lässt sich „Volkswirtschaft“ einmal anders studieren. An Holztischen sitzen Studenten und Messegäste einträchtig nebeneinander. Fraglich, ob die Gäste tatsächlich wegen der Bilderausstellungen herkommen oder die Fußballspiele im Fernsehen verfolgen wollen. Die „Volkswirtschaft“ kalkuliert anders als die meisten Kneipen: Etlichen Teesorten und nicht-alkoholische Kaltgetränke dominieren die Getränkeauswahl.

Liebe Kerstin Kloss,
wir von der Vowi fühlen uns geehrt, dass wir in Deinem Bericht erwähnt werden.

Eigentlich ist alles richtig, was Du schreibst. Nur im „kneipentäglichen“ Zusammenhang stimmt es nicht. Es verdreht ganz einfach die Tatsachen. Ganz so, wie wenn ich vom gedruckten Spiegel nur die Artikel in der Rubrik Gesellschaft „Was haben sie gedacht? bzw. Was war da los…?“ lesen oder mir die sekundären Geschlechtsmerkmale der weiblichen Stars in der Rubrik Personalien anschauen würde. Jeder weiß, dass der Spiegel bei weitem interessante Artikel bietet. Aber jeder weiß auch, dass ein ganz klein wenig Boulevard und auf der Titelseite kann es auch -natürlich unter rein journalistischen Interesse- mal eine 3/4 Nackte in Gardemaßen sein, die Käuferlust erregt. Dennoch lesen wir (alle politischen Richtungen) in der Vowi den Spiegel, um zu erfahren, ob unser Außenminister (der ja gleich nebenan im Antiquariat „Karl Marx“ vor Jahren gearbeitet hat) wieder Rotwein trinkt, ob Friedrich Merz in seiner Jugend vorwiegend Tee und nichtalkoholische Getränke oder doch Bier zu sich genommen hat und wir (es verkehren viele Historiker in der Vowi) wundern uns keineswegs, dass der Historiker und SPD-Mitglied Heinrich August Winkler im vorletzten Spiegel ein neues Buch zum Dritten Reich eines englischen Historikers so ziemlich verdammt, da „seine“ Sozis nicht all zu gut wegkommen. Lange Rede kurzer Sinn. Der Spiegel nervt manchmal, ist besserwisserisch und ganz selten hat er auch keine Themen. Aber er ist notwendig, fast immer seriös und besteht eben nicht aus aneinandergereiten Plattheiten mit bunten Bildern, wie seine direkte Konkurrenz.

In der Vowi gibt es 25 nichtalkoholische und 52 alkoholische Getränke. Der Fass- und Flaschen Bierumsatz macht 2/3 des Gesamtumsatzes aus.
Seit Gründung der Vowi hängen Bilder an der Wand. Wir geben unumwunden zu, dass sie einfach nur die ansonsten leeren Wände füllen sollen. Sie sind Schmuck und auch ein wenig Sinnsuche in einer bierseligen Welt. Möglicherweise zu Deiner Verwunderung wurden einige der Bilder, die hier hingen, verkauft.
Fußball übertragen wir seit unserer Gründung 1997. Wir sind zumindestens, was die Eintracht, Fußballwelt- und Europameisterschaften und vielleicht die deutschen Mannschaften in der Championsleague anbelangt bzw. anbelangte, eine Fußballkneipe. Manchmal, wie vorletzten Samstag zur Begegnung BVB-Eintracht, wo die Kneipe voller junger Schokoladen trinkender Menschen war, die alle auf die beiden Fernsehgeräte schauten, würden wir uns wünschen, dass wir ein zwei Tees und die nervige Schokolade mit Sahne aus der Karte streichen. Allerdings ist die Gewinnmarge selbst bei unseren im Einkauf teuren Tees und bei der heißen Schokolade ein ganzes Stückchen höher als bei Bier. Und mit Wasser kann man in einer Kneipe richtig Geld verdienen (- 90 Cent für 0,2 l ist dafür eigentlich zu wenig).
Dennoch wir leben mit den Tees, der heißen Schokolade, den Bildern an den Wänden und dem Fußball ganz gut nebeneinander. Der Duft nach kalten Rauch und der Hefe des verschütteten Bier ist unser „Parfüm“. Und der Schrei unserer Gäste nach einem Eintracht-Tor ist unsern Nachbarn längst gewohntes Vergnügen. Seit neusten lernen wir, was den Fußball angeht, auch noch Griechisch.

In einem muss Dir recht geben – in die Vowi kann jeder kommen. Seit über acht Jahren werden die Gründe, ein Glas Leitungswasser zu bekommen oder in zwei Stunden insgesamt eine große Teetasse voll Wodka zu trinken und sich zu wundern, warum man in diesem Zustand die Frau am Tresen nicht mehr abschleppen kann, nicht neu. Wir sind auf Kontinuität aus – wie der Spiegel, so hoffen wir.

In diesem Sinn erwarten Dich im siebenten Jahr der Vowi sieben alkoholische Getränke Deiner Wahl bei Deinem nächsten Besuch auf’s Haus.

PS:
Auf unser Homepage kannst Du, was dich als Journalistin sicher interessieren wird, eine Replik zu einer Vowi-Rezension vor einiger Zeit aus der FAZ lesen.
http://www.vowi.net/neu/neu_17_9_00.htm
Ich erlaube mir auch den kurzen Auszug aus Spiegel-Online auf unsere Homepage zu stellen und ebenso die kleine Widerrede der Welt nicht vorzuenthalten.

Viele liebe Grüße an Deinen Kollegen Lars Lagenau von Spiegel-Online.

Ein Körpergefühl nach dem letzten Eintracht-Spiel:
„Soviel Saufen kann ich gar nicht, wie ich kotzen könnte!“

Ein Körpergefühl auf dem Wege zur Vowi:
„Ich fühle mich unterhopft!“

IM Vowi