Eintracht-Mainz

Am letzten Montag beim Spiel der Eintracht gegen Mainz stand ich richtig tief im Fanblock bei unseren Anhängern. Das gesamte Spiel über wurde die Eintracht angefeuert, besungen und ihr ewige Treue geschworen. Der Gegner wurde beschimpft (Mainzer Dreck -Verreck‘), verspottet (Karnevalsverein) oder ignoriert (Adelmann-Gesänge). Am schlimmsten ergeht es bei den Beschimpfungen, wie so oft in der Geschichte, den Renegaten. Das sind die, welche es eigentlich besser wissen müssten. Einst hatten sie den richtigen Glauben, die richtige Gesinnung oder den richtigen Geburtsort (Ffm.). Heute sind sie Spieler der gegenerischen Mannschaft und fordern damit ihre alten Genossen, oder wie am Beispiel vom Mainzer Thurk (geboren in Ffm., aufgewachsen im Gallus), gegen ihre eigentlichen Blutbande auf Leben oder Tod heraus. Dass die Eintracht Thurk nicht haben wollte, wenn ich mich nicht irre, ist den Fans egal: Thurk ist einfach eine Sau (Thurk- Du Sau!).
Zum großen Teil waren die unerbittlichen Anhänger männlichen Geschlechts. Vereinzelt tummelten sich ein paar sehr junge Mädchen, die gelangweilt ihre Schönheit ausführten. Auf dem Bahnhof beschimpften sie weibliche Mainzer Fans, als „Fette Sau!“ bzw. „Fette Fotze!“. Als es für die Eintracht noch um alles ging, brüllten sie seltener, aber dann mit aller Kraft, was dem heißen Gebell der Männer gut tat, aber noch bedingsloser klang als bei ihnen.
Die Eintracht-Fans, unter denen ich stand, würde ich grob in vier Gruppen einordnen: 1. Oberlippenbart, eher kleiner, oft sächsischer Dialekt, 2. Glatze-dadurch feistes Gesicht, Sonnenbrille, T-Shirt mit altdeutschen Sagengestalten, 3. Brillenträger, Studententyp, kein Eintracht-Devotional tragend, 4. biedere Langweiler mit Bubischnitten und einem Mu…-bart, die garantiert noch zu Hause wohnen, leichter Bauchansatz, hesselnd.
Sie alle eint der Fußball, aber interessiert nicht wirklich das Spiel. Dies ist wichtig, aber eigentlich nur Kulisse, um aus sicherer Distanz allen verbal Gewalt anzudrohen, die nicht so sind wie sie. Natürlich wurde, als es 3:2 stand, gegen alles getreten, was da war, um auszudrücken, wie sehr sie das „ankotzt“. Als Gruppe würde ich ihnen, besonders wenn sie sich direkt angegriffen fühlen, viel zutrauen. Ich wüsste aber auch, wer als erster flitzt -ich sag’s aber nicht-. Alleine sind sie bis auf wenige sicher etwas ruhiger. Mir fiel besonders ein Brüller auf, der eher dem studentischen Typus entsprach. Mit blutunterlaufenen Augen und Schweißflecken unter dem Arm, kein Trikot oder Schal tragend, immer die eigenen Fans im Blick, im Rücken das Spielfeld, schrie er geschlagene eineinhalb Stunde für die Eintracht.
Am lusigsten war, obwohl ich keine Miene verzog, als ein Fan (Typ 4.) zu seinem Kumpel sagte, dass die Stimmung hier „Scheiße“ sei. Keiner würde richtig mitmachen. – Sicher haben diejenigen (u.a. auch ich) ihre Karten bei ebay geholt und seien keine richtigen Eintracht-Fans. Wie recht Du hast, dachte ich mir. Aber vielleicht nehme ich das alles nur zu ernst.

IM Vowi