Russisches Alphabet_С
Igor Akinfeew, der Tormann der Russischen Nationalmannschaft, sagte 2006 in der Märzausgabe von „11Freunde“ als 19jähriges Towarttalent bei ZSKA Moskau: „Sieh dir das an. Russische Frauen bekommen keine Kinder mehr, es wimmelt von Alkoholikern, die Lebenserwartung der Männer ist so gering wie nie. Der Fußball ist vielleicht ein Weg, um den Leuten den Glauben an ihr Land wiederzugeben. Wir müssen gut sein, gewinnen, für Russland. Hier gibt es Dörfer, die sterben, weil sie alt sind und abgeschnitten von Moskau.“
Seit dem Sieg gegen Spanien im Achtelfinale der WM glauben sicher mehr Menschen an die Sbornaja – an die Russische Fußballnationalmannschaft. Gestern – auf die Frage eines Gastes, ob es Russland gegen Spanien schaffen könnte – antworte ich noch mit: „nicht vorstellbar“. Ich habe mich nicht zum ersten Mal in dieser WM grob geirrt.
1860 wurde von Arbeitern aus England, Schottland und Deutschland in St. Petersburg der erste russische Fußballverein gegründet. Russen war die Mitgliedschaft untersagt. Seit 1901 durften russische Soldaten und Studenten in der St. Petersburger Liga mit ausländischen Arbeitern mitspielen. Ab 1914 war Fußballspielen allen Russen erlaubt. Der 1. Weltkrieg bis nach den ersten Jahren der Oktoberrevolution ließ den Fußball in den Hintergrund treten. Er galt als zu kapitalistisch und zu individuell. Erst 1936 wurde eine erste Liga gegründet. Inzwischen hatte sich das sowjetische Menschenbild geändert. Ein gewisser Individualismus war gestattet. Es galt jetzt, sein eigens Tor zu verteidigen. Und man hat den Eindruck, die Sbornaja spielen auch fast hundert Jahre später ähnlich.
Fußball ist in Russland immer noch nicht so populär wie in Europa. Dies könnte sich ändern bei erfolgreichen Dramen.
Der Deutschlandfunk hat eine Serie über Fußball und Politik in Russland aufgelegt. Dies lohnt sich zu hören.