Herlinde Koelbl

Noch bis zum Sonntag kann man in Berlin,
welches in meinen Augen immer eine Reise wert ist,
im Martin-Gropius-Bau Fotografien von
H a n n e l o r e K o e l b l
beschauen und an einigen vielleicht in aller Schnelle vorbei gehen, aber an anderen wiederum stehen bleiben und staunen.
Ich würde hier mit offenem Mund vor den Portraits Angela Merkels verharren. Es gibt diese Fotos auch von Joschka Fischer (mal war er fett, dann wieder dünn, und dann bedeutsam) und Gerhard Schröder (die Falten bei ihm in späteren Jahren hätte kein Bildhauer besser hinbekommen). Sie sind eher nichtssagend. Die Portraits dagegen von unserer aller Angie zeigen sie in so vielen
trögen, langweiligen, verstaubten, altjungerfernhaften, lachhaften und nachgemachten (Maggie Thatcher-Verschnitt) Bildern, dass die Person, die uns jetzt im fünften Jahr als Kanzlerin vertritt, immer weniger greifbar wird.
Schließlich fehlt noch ihre Stimme, die mich als sächsischen Ossi sofort an Tonfall und Aussprache bestimmter DDR-Filme (DEFA und in Synchronisation zumeist tschechischer und sowjetischer Filme) erinnert: der leicht berlinernde Einschlag, die zu ordentliche Aussprache und der in einer Höhe scheinbar festsitzende Ton der Sprechmelodie, die so ganz ohne Emotion oder mit gänzlich übertriebener Emotion vom Kinder-Sprecher-Ensemble Berlin vorgetragen wurde.
Wie kann ihre Macht so im Gegensatz zu ihrem Äußeren, ihrem Habitus und ihrer Sprache stehen?
Was für eine Frau!

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